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  • von Thomas Heckmann

Leukämie

Neue Mechanismen bei der Entstehung von Leukämien gefunden

Universitätsklinikum Jena. © Foto: Matthias Mittenentzwei / pixelio.de
Universitätsklinikum Jena. © Foto: Matthias Mittenentzwei / pixelio.de

Tumorzellen sind durch einen Vielzahl molekularer Veränderungen gekennzeichnet. Deren intensive Erforschung ist von größter Bedeutung, um neue Angriffspunkte für Therapien zu finden.

Einen solchen neuen Mechanismus haben Forscherteams des Jenaer Universitäts-Tumorzentrums in der von Prof. Andreas Hochhaus geleitete Abteilung Hämatologie/Onkologie der Klinik für Innere Medizin II und einer von Prof. Frank-D. Böhmer geleiteten Arbeitsgruppe des Instituts für Molekulare Zellbiologie kürzlich identifiziert.

Es ist bereits seit einigen Jahren klar, dass in verschiedenen Typen von Tumorzellen häufig erhöhte Spiegel an so genannten „reaktiven Sauerstoffspezies (ROS)“ auftreten. Die molekularen Ursachen für dieses Phänomen und die Rolle, die ROS in Tumorerkrankungen spielen, werden jedoch bisher nur in Ansätzen verstanden. In zwei kürzlich in der renommierten Fachzeitschrift BLOOD erschienenen Arbeiten haben die Jenaer Forscher nun Mechanismen beschrieben, über welche derartige ROS-Moleküle zur Entstehung von Leukämien beitragen.

In Zellen der Akuten Myeloischen Leukämie (AML), in denen ein Onkoprotein mit der Bezeichnung FLT3-ITD die ungebremste Teilung der Zellen antreibt, werden hohe Mengen an ROS gebildet. Wie in einer Zusammenarbeit beider Teams gezeigt werden konnte, bewirken diese ROS-Moleküle die Inaktivierung eines als DEP-1 bezeichneten Enzyms (einer so genannten Protein-Tyrosinphosphatase), das normalerweise als „Bremse“ der Zellteilung funktioniert. Wird die krankhafte ROS-Produktion in den Zellen experimentell unterbrochen, so wird dieses Enzym wieder aktiv und die Vermehrung der Zellen verlangsamt sich.

In einem internationalen Forscherteam unter Mitwirkung von Prof. Hochhaus konnte in einer anderen Form der Leukämie, der Chronischen Myeloischen Leukämie (CML), ein weiterer Mechanismus der fatalen Wirkungen von ROS aufgeklärt werden. ROS, das in Mitochondrien – den „Fabriken“ aller Zellen für den Energiespeicher ATP – als „Nebenprodukt“ gebildet wird, kann Schäden am Erbgut, der DNA verursachen. In CML-Zellen wird unter dem Einfluss des Onkoproteins BCR-ABL erheblich mehr ROS produziert, und es entstehen deutlich mehr DNA-Schäden. Diese können u.a. dazu führen, dass Zellen mit neuen Varianten des BCR-ABL Proteins entstehen, die nicht mehr durch herkömmliche Wirkstoffe behandelbar sind.

Beide Studien sprechen dafür, dass die Herabsetzung der ROS Produktion in Leukämie-Zellen ein mögliches neues therapeutisches Prinzip sein könnte.

Literatur:

Godfrey R, Arora D, Bauer R, Stopp S, Müller JP, Heinrich T, Böhmer SA, Dagnell M, Schnetzke U, Scholl S, Ostman A, Böhmer FD. Cell transformation by FLT3 ITD in acute myeloid leukemia involves oxidative inactivation of the tumor suppressor protein-tyrosine phosphatase DEP-1/PTPRJ. Blood. 2012 Mar 20. [Epub ahead of print]

Nieborowska-Skorska M, Kopinski PK, Ray R, Hoser G, Ngaba D, Flis S, Cramer K, Reddy MR, Koptyra M, Penserga T, Glodkowska-Mrowka E, Bolton E, Holyoake TL, Eaves CJ, Cerny-Reiterer S, Valent P, Hochhaus A, Hughes TP, van der Kuip H, Sattler M, Wiktor-Jedrzejczak W, Richardson C, Dorrance A, Stoklosa T, Williams DA, Skorski T. Rac2-mitochondrial respiratory chain complex III-generated ROS cause genomic instability in chronic myeloid leukemia stem cells and primitive progenitors. Blood. 2012 Mar 12. [Epub ahead of print]

 

28.03.2012
06.03.2024, 15:44 | vth
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