Für meine Frau würde ich auch etwas gegen meine Überzeugung tun
Der EKD-Vorsitzende Nikolaus Schneider würde seine Frau Anne "wenn es aufs Sterben zuginge" auch dann zur Seite stehen, wenn sie das "Geschenk des Lebens an Gott zurückgeben" wollte. In einem Interview mit dem Magazin stern antwortete der Theologe auf die Frage, ob er seine Frau auch in die Schweiz zur Sterbehilfe begleiten würde: "Für Anne würde ich auch etwas gegen meine Überzeugung tun." Jedoch würde er alles versuchen, seine Frau "für einen anderen Weg zu gewinnen".
Jetzt wolle er vor allem an der Seite seiner krebskranken Frau Anne sein: "Wir sparen nichts auf für die Zukunft." Mit diesen Worten begründete Nikolaus Schneider, 66, vor drei Wochen seinen überraschenden Rücktritt vom Amt des Ratsvorsitzenden der Evangelischen Kirche Deutschlands (EKD). In einem Gespräch mit dem stern äußern sich Anne und Nikolaus Schneider, die seit 44 Jahren verheiratet sind, weil sie "Zeugnis ablegen" wollen - auch in schwierigen Zeiten.
Im Juni wurde bei der 65-jährigen ehemaligen Religionslehrerin ein "entzündlicher Brustkrebs" festgestellt, der bereits das Lymphsystem des Körpers befallen hat. Vier Tage später kündigte Nikolaus Schneider daraufhin seinen Rücktritt "in geordneter Weise im November" an.
Schon einmal hatte eine Krebserkrankung die Familie heimgesucht. 2005 starb die erst 22 Jahre alte Tochter Meike an den Folgen einer Leukämie. "Der Tod meiner Tochter Meike hat meinem Glauben Risse gegeben", sagte der frühere Gemeindepfarrer und Präses der Rheinischen Landeskirche Schneider in der am Donnerstag erscheinenden Ausgabe des stern. Anne Schneider hat bereits mit einer Chemotherapie begonnen, die die Krebszellen zerstören soll. Das seit Ehepaar wolle in dieser schweren Zeit "die guten Tage miteinander verbringen."
Für theologische Erklärungen wie "Gott prüft uns durch solche Schicksalsschläge", hat der Ratsvorsitzende über 23 Millionen Protestanten nichts übrig. "Mit dieser Art göttlicher Pädagogik kann ich nichts anfangen."