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Leukämie
Eiweißmoleküle in der Virushülle als Schlüssel für eine erhöhte Antikörperwirkung
Bedeutsam ist dieses Phänomen bei der Behandlung von Leukämiepatienten, die eine Knochenmark-Transplantation erhalten haben und anschließend durch eine Cytomegalovirusinfektion ernsthaft bedroht sind. Eine verbesserte Wirksamkeit von Antikörpern würde in dieser Situation sehr helfen, weil diese weitgehend nebenwirkungsfrei sind.
Das Cytomegalovirus ist verwandt mit dem Herpesvirus und wie dieses in der Bevölkerung weit verbreitet. Infektionen mit dem Cytomegalovirus sind für gesunde Menschen meist harmlos, aber sehr bedrohlich für Patienten, die aufgrund einer Leukämieerkrankung eine Knochenmarktransplantation benötigen und deren Abwehrsystem deshalb vorübergehend ausgeschaltet ist. Eine Möglichkeit zur Behandlung ist die Gabe von Immunserum mit Antikörpern gegen das Virus, die spezifisch an die Virusoberfläche binden und das Eindringen in die Zellen verhindern. Beim Cytomegalovirus zeigt dies jedoch nicht die erhoffte Wirksamkeit, da das Virus offensichtlich über Ausweichstrategien verfügt. Ziel des Projektes ist es, diese Ausweichmechanismen zu verstehen um verbesserte Antikörper erzeugen zu können.
Professor Christian Sinzger hatte in Vorarbeiten Hinweise gefunden, dass ein Eiweißstoff in der Hülle des Virus, es dem Virus ermöglicht, die Hemmwirkung spezifischer Antikörper abzuschwächen. Für die Entwicklung einer therapeutischen Gegenstrategie soll zunächst der Wirkmechanismus von gO genau aufgeschlüsselt werden. Dazu werden gezielt Veränderungen in dem Eiweißkörper vorgenommen und deren Auswirkung auf die Ausbreitungsfähigkeit der Viren untersucht. Bisher standen für eine solche Untersuchung nur Laborviren zur Verfügung, die das Verhalten der Viren im Patienten nur eingeschränkt widerspiegeln. In Zusammenarbeit mit Dr. Richard Stanton von der Universität Cardiff ist es nun aber erstmals möglich, gezielte Veränderungen auch an einer Art Patientenvirus vorzunehmen. Diese Experimente werden Aufschluss darüber geben, welche Rolle gO für die erstaunliche Fähigkeit von Patientenviren spielt, sich trotz Anwesenheit antiviraler Antikörper nahezu ungehindert in Bindegewebszellen auszubreiten.
Um zu untersuchen, wie sich die Veränderungen am gO auf die Ausbreitung des Virus in der Gegenwart von Antikörpern auswirken, werden die Viren im Labor von Prof. Sinzger mit Leuchtstoffen markiert. Auf elegante Weise ermöglicht dieses Verfahren, den Weg von Viren in einer lebenden Zellkultur mit speziellen Mikroskopen zu verfolgen. Diese Leuchtspuren werden es erleichtern, zusammen mit dem Leiter der Ulmer Elektronenmikroskopie-Einrichtung, Prof. Paul Walther, interessante Bereiche in infizierten Zellen zu identifizieren und diese bis hin zur detaillierten Darstellung einzelner Virusbestandteile aufzulösen. Besonders interessieren sich die Forscher für die Wechselwirkung von Virushülle und Zellhülle bei der Ausbreitung der Viren in Anwesenheit von Antikörpern, mit einem Hauptaugenmerk auf der Rolle des gO-Moleküls. Langfristiges Ziel ist es, das gO-Molekül so zu beeinflussen, dass Antikörper im Patienten eine höhere Wirksamkeit entfalten können.
Die Wilhelm Sander-Stiftung fördert dieses Forschungsprojekt mit rund 150.000 Euro.