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Hans-Knöll-Institut (HKI)
Preise für eingeschleusten Schwefel und entschlüsseltes Gift
Jeder Wissenschaftler fiebert darauf hin: Endlich das Forschungsergebnis in einer wissenschaftlichen Zeitschrift veröffentlichen! Der Weg dahin kann jedoch steinig sein: von früh bis spät im Labor, auch mal Rückschläge einstecken. Umso erfreulicher, wenn die Arbeit dann belohnt wird. Das mittelständische Pharmaunternehmen medac arbeitet seit Jahren eng mit dem HKI zusammen. Dem Unternehmen aus Wedel liegt viel daran, junge Wissenschaftler zu fördern und sie für eine naturwissenschaftliche Laufbahn zu motivieren. So würdigt medac herausragende wissenschaftliche Projekte mit dem medac-Forschungspreis, der mit insgesamt 10.000 Euro dotiert ist. Ausgewählt wurden Arbeiten, die an den Hauptforschungsgebieten des HKI – Erforschung von Pilzerkrankungen, Entdeckung neuer Naturstoffe aus Mikroorganismen – ansetzen und in hochrangigen internationalen Zeitschriften erschienen sind.
Durch die enge, interdisziplinäre Zusammenarbeit konnte ein Team aus den Abteilungen Molekulare und Angewandte Mikrobiologie, Biomolekulare Chemie und Biotechnikum neue Erkenntnisse zum Aufbau von Gliotoxin gewinnen. Dieses Gift wird vom Pilz Aspergillus fumigatus gebildet – bekannt als grüner Schimmel auf Brot oder Kompost. Täglich atmen wir Sporen des Pilzes ein, meist ohne Folgen. Bei einem geschwächten Immunsystem jedoch kann es zu schwerwiegenden Infektionen kommen. Eine Schwefelgruppierung in Gliotoxin ist für die giftige Wirkung verantwortlich, die die Infektion so gefährlich macht. Die Wissenschaftler haben herausgefunden, wie der Schwefel in das Gift gelangt. Damit kann jetzt nach Möglichkeiten gesucht werden, den Einbau von Schwefel in Gliotoxin zu verhindern und das Gift so unschädlich zu machen. Die Arbeit wurde in der renommierten Fachzeitschrift Angewandte Chemie International Edition veröffentlicht.
Wissenschaftlern aus der Abteilung Biomolekulare Chemie ist es gelungen, ihre Arbeit besonders öffentlichkeitswirksam zu platzieren: Die internationale Fachzeitschrift Nature druckte sie im Oktober 2013. Der von Bakterien gebildete Stoff Rhizoxin hindert Zellen daran, sich zu teilen – das gilt auch für Krebszellen. Das macht Rhizoxin zu einem interessanten Wirkstoff für die Krebsmedizin. Die Forscher wollten herausfinden, wodurch die krebshemmende Eigenschaft zustande kommt. Sie stellten fest: Eine spezielle Verzweigung im Molekül ist die Ursache dafür, dass der Zellteilungsmechanismus blockiert wird. Die Preisträger untersuchten, wie diese Verzweigung in das Molekül gelangt, und entdeckten dabei ein bisher völlig unbekanntes Enzym. Mit diesem Enzym haben Forscher weltweit ein mächtiges Werkzeug in der Hand: Sie können nun neue, medizinisch interessante Wirkstoffe erzeugen oder bereits vorhandene ganz gezielt verändern.
Am 28. Oktober 2013 findet die Verleihung des medac-Forschungspreises anlässlich der Sitzung des Kuratoriums des HKI statt.
Preisträger im Überblick
Daniel Scharf (Molekulare und Angewandte Mikrobiologie)
Pranatchareeya Chankhamjon (Biomolekulare Chemie)
Kristin Scherlach (Biomolekulare Chemie)
Thorsten Heinekamp (Molekulare und Angewandte Mikrobiologie)
Karsten Willing (Biotechnikum)
Tom Bretschneider (Biomolekulare Chemie)
Daniel Heine (Biomolekulare Chemie)
Robert Winkler (Biomolekulare Chemie)
Benjamin Busch (Biomolekulare Chemie)
Björn Kusebauch (Biomolekulare Chemie)
Originalveröffentlichungen
Scharf DH, Chankhamjon P, Scherlach K, Heinekamp T, Willing K, Brakhage AA, Hertweck C: Epidithiodiketopiperazine biosynthesis: a four-enzyme cascade converts glutathione conjugates into transannular disulfide bridges. Angew Chem Int Ed Engl 52(42): 11092-11095. doi: 10.1002/anie.201305059
Bretschneider T, Heim JB, Heine D, Winkler R, Busch B, Kusebauch B, Stehle T, Zocher G, Hertweck C: Vinylogous chain branching catalysed by a dedicated polyketide synthase module. Nature 502(7469): 124-128. doi: 10.1038/nature12588
Informationen zum HKI
Das Leibniz-Institut für Naturstoff-Forschung und Infektionsbiologie – Hans-Knöll-Institut – wurde 1992 gegründet und gehört seit 2003 zur Leibniz-Gemeinschaft. Die Wissenschaftler des HKI befassen sich mit der Infektionsbiologie human-pathogener Pilze. Sie untersuchen die molekularen Mechanismen der Krankheitsauslösung und die Wechselwirkung mit dem menschlichen Immunsystem. Neue Naturstoffe aus Mikroorganismen werden aufihre biologische Aktivität untersucht und für mögliche Anwendungen als Wirkstoffe zielgerichtet modifiziert.
Das HKI verfügt über fünf wissenschaftliche Abteilungen, deren Leiter gleichzeitig berufene Professoren der Friedrich-Schiller-Universität Jena (FSU) sind. Hinzu kommen mehrere Nachwuchsgruppen und Querschnittseinrichtungen mit einer integrativen Funktion für das Institut, darunter das anwendungsorientierte Biotechnikum als Schnittstelle zur Industrie. Gemeinsam mit der FSU betreibt das HKI die Jena Microbial Resource Collection, eine umfassende Sammlung von Mikroorganismen und Naturstoffen.Zur Zeit arbeiten mehr als 350 Personen am HKI, davon 120 als Doktoranden.
Das HKI ist Initiator und Kernpartner großer Verbundprojekte wie der Exzellenz-Graduiertenschule Jena School for Microbial Communication, des Sonderforschungsbereiches/Transregio FungiNet, des Zentrums für Innovationskompetenz Septomics sowie von InfectControl 2020 – Neue Antiinfektionsstrategien, einem Vorhaben im BMBF-Programm Zwanzig20 – Partnerschaft für Innovation.
Informationen zur Leibniz-Gemeinschaft
Die Leibniz-Gemeinschaft verbindet 86 selbständige Forschungseinrichtungen. Deren Ausrichtung reicht von den Natur-, Ingenieur- und Umweltwissenschaften über die Wirtschafts-, Raum- und Sozialwissenschaften bis zu den Geisteswissenschaften. Leibniz-Institute bearbeiten gesellschaftlich, ökonomisch und ökologisch relevante Fragestellungen. Sie betreiben erkenntnis- und anwendungsorientierte Grundlagenforschung. Sie unterhalten wissenschaftliche Infrastrukturen und bieten forschungsbasierte Dienstleistungen an.
Die Leibniz-Gemeinschaft setzt Schwerpunkte im Wissenstransfer in Richtung Politik, Wissenschaft, Wirtschaft und Öffentlichkeit. Leibniz-Institute pflegen intensive Kooperationen mit den Hochschulen - u.a. in Form der WissenschaftsCampi - , mit der Industrie und anderen Partnern im In- und Ausland. Sie unterliegen einem maßstabsetzenden transparenten und unabhängigen Begutachtungsverfahren. Aufgrund ihrer gesamtstaatlichen Bedeutung fördern Bund und Länder die Institute der Leibniz-Gemeinschaft gemeinsam.
Die Leibniz-Institute beschäftigen rund 17.000 Personen, darunter 7.900 Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler. Der Gesamtetat der Institute liegt bei 1,5 Milliarden Euro.