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Darmkrebs
Studien unterschätzen Schutzeffekt von Darmspiegelungen
Wissenschaftler des Deutschen Krebsforschungszentrums haben errechnet, dass der Schutzeffekt dabei deutlich größer ist als Studienergebnisse bisher vermuten ließen.
Um die Wirksamkeit von Früherkennungsuntersuchungen zu belegen, gelten – ähnlich wie bei der Beurteilung neuer Therapien – randomisierte kontrollierte Studien als Goldstandard. Bei diesem Studiendesign werden die Teilnehmer nach dem Zufallsprinzip der Untersuchungs- oder der Kontrollgruppe zugeteilt.
Die Auswertung der Studien schließt alle Teilnehmer ein. Bei Studien zu Früherkennungsuntersuchungen, wie z.B. der Darmspiegelung, nehmen Probanden aus der Untersuchungsgruppe die Untersuchung aber häufig gar nicht wahr. Umgekehrt lassen zahlreiche Teilnehmer aus der Kontrollgruppe außerhalb des Studienprotokolls eine Darmspiegelung durchführen, beispielsweise um einen medizinischen Verdacht abzuklären.
„Dadurch wird der Unterschied zwischen Studien- und Kontrollgruppe verwässert und der Schutzeffekt der Darmspiegelung erscheint geringer, als er tatsächlich ist“, sagt Professor Hermann Brenner im Deutschen Krebsforschungszentrum. Mit seinem Team berechnete er nun, wie stark diese Unterschätzung ausfallen kann. Als Datengrundlage dienten vier abgeschlossene randomisierte Studien zum Wirksamkeitsnachweis der so genannten kleinen Darmspiegelung, der Sigmoidoskopie.
Die tatsächlichen Teilnahmeraten in der Untersuchungsgruppe lagen zumeist bei 70 Prozent oder noch darunter. Auf der anderen Seite hatten bis zu 50 Prozent der Probanden aus den Kontrollgruppen außerhalb der Screening-Programme im relevanten Zeitraum an einer Darmspiegelung teilgenommen.
Unter solchen Voraussetzungen würde beispielsweise eine tatsächliche Reduktion der Darmkrebs-Fälle und -Todesfälle durch die Darmspiegelung von 70 Prozent bei der üblichen Studienauswertung mit nur etwa 38 Prozent in Erscheinung treten. Würde tatsächlich die Hälfte aller Krebsfälle durch eine Darmspiegelung vermieden, fiele das Ergebnis in der Standard-Auswertung mit nur 23 Prozent deutlich weniger überzeugend aus.
„Randomisierte kontrollierte Studien geben Auskunft darüber, welchen Effekt das Angebot einer Früherkennungsuntersuchung auf die Darmkrebsraten in der Gesamtbevölkerung hat, für die die Untersuchung angeboten wird. Der Schutzeffekt tatsächlich durchgeführter Untersuchungen ist aber ungleich größer und sollte bei der Beratung zur Darmkrebsfrüherkennung auch korrekt kommuniziert werden“, sagt Hermann Brenner.
Eher noch größere Diskrepanzen erwartet Hermann Brenner für die Studien zur „großen Darmspiegelung“, der Koloskopie, die derzeit noch laufen. Der Grund dafür ist, dass hier mit noch geringeren Teilnahmeraten in der Untersuchungsgruppe zu rechnen ist Gleichzeitig nimmt der Anteil der Menschen im betreffenden Alter, die eine Darmspiegelung auch außerhalb des Screenings durchführen lassen, weiter zu.