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10 Jahre DZG
"Tempomacher in der Gesundheitsforschung"
Vier von sechs Deutschen Zentren der Gesundheitsforschung (DZG) feierten heute mit einem Festakt in Berlin und rund 300 Gästen aus Politik und Wissenschaft ihren zehnten Geburtstag. Bundesforschungsministerin Bettina Stark-Watzinger, die hessische Wissenschaftsministerin Angela Dorn, der Berliner Gesundheitsstaatssekretär Dr. Thomas Götz, die ehemalige Bundesforschungsministerin Annette Schavan, Prof. Christian Drosten sowie BioNTech-Mitbegründerin und -Medizinvorständin Prof. Özlem Türeci gratulierten auf der Veranstaltung und digital.
Bundesforschungsministerin Bettina Stark-Watzinger gratulierte den DZG mit einer Grußbotschaft zum 10-jährigen Bestehen: „Die Deutschen Zentren der Gesundheitsforschung leisten seit zehn Jahren wertvolle Arbeit im Kampf gegen Volkskrankheiten wie Krebs. Sie bündeln die Forschung und sorgen dafür, dass neue wissenschaftliche Erkenntnisse zu Prävention, Diagnose und Therapien schnell den Patientinnen und Patienten zugutekommen. Dabei wirken Grundlagenforschung und klinische Forschung ganz selbstverständlich und eng zusammen. Somit sind die Zentren Tempomacher in der Gesundheitsforschung.“
In Deutschland erkranken jedes Jahr rund eine halbe Million Menschen neu an Krebs. Fast 1,8 Millionen Fälle von Herz-Kreislauf-Erkrankungen müssen pro Jahre im Krankenhaus behandelt werden. Statistisch gesehen, verstirbt in Deutschland alle vier Minuten ein Mensch in Folge einer Lungenerkrankung. Und die Tragweite von Infektionskrankheiten wurde in Deutschland mit bislang mehr als 25 Millionen COVID-19-Infizierten und fast 140.000 Todesfällen deutlich. Mit einer immer älter werdenden Bevölkerung und der globalen Mobilität und Vernetzung der Menschheit nimmt die Belastung des Gesundheitssystems durch Volkskrankheiten immer weiter zu.
Deshalb müssen Ergebnisse aus der Forschung schnell bei den Menschen ankommen. Mit diesem Auftrag widmen sich die DZG Herz-Kreislauf-Krankheiten, Lungenerkrankungen, Krebs, Infektionserkrankungen, Diabetes und neurodegenerativen Erkrankungen. Sie wurden auf Initiative des Bundesministeriums für Bildung und Forschung (BMBF) gegründet, um den Volkskrankheiten, also besonders häufigen Krankheiten, die Stirn zu bieten. Vier von sechs DZG feiern in diesem Jahr Jubiläum: Deutsches Konsortium für Translationale Krebsforschung (DKTK), Deutsches Zentrum für Herz-Kreislauf-Forschung (DZHK), Deutsches Zentrum für Lungenforschung (DZL) und Deutsches Zentrum für Infektionsforschung (DZIF).
Auch die hessische Wissenschaftsministerin Angela Dorn beglückwünschte die DZG mit einer Grußbotschaft: „Die Corona-Pandemie hat gezeigt, wie wichtig es ist, Forschungsergebnisse schnell und interdisziplinär in die klinische Praxis zu bringen. Das gilt auch für die sogenannten Volkskrankheiten, die viel Leid mit sich bringen und eine enorme gesundheitsökonomische Bedeutung haben. Die DZG tragen entscheidend dazu bei, dass Ergebnisse aus der Grundlagenforschung schneller in Prävention, Diagnose und Therapie umgesetzt werden und so den Menschen zugutekommen. Herzlichen Dank für diese Arbeit und alles Gute zum Jubiläum!“
Der Berliner Staatssekretär für Gesundheit und Pflege, Dr. Thomas Götz, sagte auf der Jubiläumsveranstaltung in Berlin: „Die Deutschen Zentren der Gesundheitsforschung haben von Beginn an schnell das Vertrauen der Forschungslandschaft in das neue Netzwerkmodell, in die wissenschaftlichen Ansätze, in die Zusammenarbeit und Ihre Strukturen gewonnen. Heute können wir sagen: Die DZG sind nicht nur exzellente Forschungsnetzwerkentitäten. Es ist auch gelungen, die führenden Köpfe aus den jeweiligen Fachbereichen hinter der Idee der DZG zu vereinen – auch wegen des immensen Translationspotenzials, das sie birgt.“
Prof. Dr. Werner Seeger, gegenwärtiger Sprecher der Deutschen Zentren der Gesundheitsforschung und Vorstandsvorsitzender DZL: „Die DZG setzen da an, wo vielversprechende Forschungsergebnisse leider noch viel zu häufig stecken bleiben: zwischen Labor und Krankenbett. Diese Phasen der Forschung sind aufwendig, teuer und häufig von Rückschlägen geprägt. Sie bringen oftmals keinen schnellen wissenschaftlichen Ruhm ein und werden auch als ‚Tal des Todes‘ bezeichnet. In den letzten zehn Jahren konnten die DZG vielfach Brücken über dieses Tal schlagen, damit Forschung bei den Menschen ankommt.“
2020 wurden das erste Medikament für chronische Hepatitis D und eine neue Herzklappentechnologie in Europa zugelassen. Neue Medikamente zur Behandlung verschiedener Formen des Lungenhochdrucks und bessere individualisierte Krebstherapien sind ebenfalls Erfolge, an denen Wissenschaftler der DZG führend beteiligt sind. Die Beispiele zeigen, wie es gelingt, Grundlagenforschung und klinische Forschung so zu verbinden, dass für Patientinnen und Patienten verbesserte Diagnosemöglichkeiten und Therapien zur Verfügung stehen.
In Zukunft wollen die einzelnen Zentren die Zusammenarbeit verstärken, so Seeger. „Unser Ziel ist es, dass die DZG in der Forschung näher zusammenrücken, um Synergiepotentiale noch besser zu nutzen.“ Ein großer Schritt in diese Richtung ist der DZG Innovation Fund, ein von allen DZG getragenes Forschungsförderprogramm, das im Jahr 2022 erstmalig ausgeschrieben wird. Darüber hinaus arbeiten die DZG kontinuierlich weiter daran, ihre Nachwuchswissenschaftler intensiv beim Spagat zwischen Klinik und Forschung zu unterstützen und ihre Forschungsdaten und Bioproben auf der Grundlage gemeinsamer Standards auszutauschen.
Prof. Dr. Christian Drosten, Wissenschaftler im Deutschen Zentrum für Infektionsforschung sagte im Interview, die Translationslücke sei die eigentliche Herausforderung. Diese zu schließen koste viel Geld und brauche einen langen Atem. Er wünschte sich aus der Politik Kontinuität und betonte, dass die Kommunikation zwischen Wissenschaft und Politik zu einem dauerhaften Prozess werden müsse.
Prof. Dr. Özlem Türeci, BioNTech/Deutsches Konsortium für Translationale Krebsforschung/HI-TRON sagte: „Der heutige Festakt würdigt die Leistungen der DZG zur Verbesserung der Gesundheitsversorgung in Deutschland. Dieses Engagement hat dazu beigetragen, dass Innovation schnell beim Patienten ankommen. Je besser unser Land sich heute durch komplementäre Strukturen aufstellt, um Translation, also den effizienten Brückenschlag von Forschung zur Anwendung zu fördern, desto robuster sind wir für die Medizin von morgen aufgestellt.“
Dr. h.c. mult. Annette Schavan, unter deren Leitung das BMBF die Gründung der sechs Zentren zwischen 2009 und 2012 initiiert hatte, erinnerte an die Anfänge und betonte nun: „Europäische Allianzen sind wichtig, zumal die Problemlage bei den Volkskrankheiten in den Ländern Europas vergleichbar ist. Erste Allianzen sind entstanden. Europa sollte den Ehrgeiz haben, der Kontinent mit der besten Förderung von Talenten in der Forschung zu sein.“