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Neue Studie der University of South Carolina
Gesunde Ernährung bei Frauen: Kein Einfluss aufs Gewicht

Zur Beurteilung der Ernährungsqualität verwendeten die Forscher den „Healthy Eating Index (HEI)-2005“. Dieser staatliche anerkannte Ernährungs-Score wurde vom US-amerikanischen Agrarministerium (USDA CNPP) gemeinsam mit dem National Cancer Institute und dem USDA Food and Nutrition Service entwickelt [2]. Je mehr sich ein Teilnehmer an diese Richtlinien zu „gesunder Ernährung“ hielt, desto höher war sein HEI-Wert. Bei der statistischen Auswertung der Daten konnten die Forscher keinen Zusammenhang von „gesunder Kost“ (hohem HEI) mit BMI und Hüftumfang bei Frauen in fünf von sechs Altersgruppen beobachten (20-29, 30-39, 40-49, [50-59,] 60-69, 70+).
„Ungesundes“ Essen macht nicht dick!
Knop meint: „Man könnte es auch so formulieren: Gesunde Ernährung hält Frauen nicht schlank und ungesundes Essen macht nicht dick - denn es liegt noch nicht einmal ein Zusammenhang vor, ganz zu schweigen von einem Ursache-Wirkungs-Beleg.“ Auch beim Ausnahme-Alter 50-59 besteht nur eine Korrelation, also eine statistischer Zusammenhang: Ob die „gesunde“ Ernährung der Grund für den niedrigen BMI und Hüftumfang ist, wissen die Forscher nicht. Es können - wie immer in der Ernährungswissenschaft - auch andere Faktoren verantwortlich sein.
Einteilung in gesundes & ungesundes Essen: Nonsens!
Unabhängig von dieser Studie sollte man Grundlegendes beachten: „Die Einteilung in gesunde und ungesunde Lebensmittel hat keinen Sinn“, stellte die Deutsche Gesellschaft für Ernährung DGE in einem dpa-Interview zu Knops Buch Hunger & Lust klar. „Darüber hinaus weiß kein Wissenschaftler, was gesunde Ernährung eigentlich sein soll, da systembedingt keinerlei Beweise vorliegen“, so Knop, „und da nun noch die aktuelle Studie zeigt, dass selbst diese gesunde Fantasiekost keinen Einfluss auf das Gewicht hat, ist das ein weiteres Kapitel im Märchen der gesunden Ernährung.“ Auch der Mythos, dass Obst und Gemüse vor Krebs schützen, ist längst widerlegt [3]. Limitierte Ernährungsforschung Die Studienautoren scheinen selbst überrascht, dass ihre Studie keinen kla-ren Zusammenhang zwischen gesunder Ernährung und Gewichtsstatus bei Frauen ergab. So suchen sie nach möglichen Erklärungen – und benennen eine grundlegende Schwäche aller Ernährungsstudien: Die Ermittlung der Ernährungsgewohnheiten. „Diese Abfragen liefern immer eine wissenschaft-lich wackelige Datengrundlage, denn die Angaben zum Verzehr basieren stets auf den unüberprüfbaren Selbstauskünften der Teilnehmer“, erklärt Knop. Hinzu kommen die bekannten Schwächen von Beobachtungsstudien (dem Fundament der Ernährungswissenschaft) [4].
Je älter, desto höher BMI & Ernährungsqualität
Eine weitere interessante Erkenntnis der Studie lautet: Mit steigendem Alter steigen sowohl BMI und Hüftumfang als auch die Ernährungsqualität. „Böse Zungen könnten hier einen Zusammenhang zwischen gesunder Ernährung und dicken Bäuchen vermuten“, so Knop, „aber aufgrund der Tatsache, dass Dickerwerden im Alter biologisch absolut normal ist, ist dieses Zusammen-treffen zweier Faktoren wohl nur Zufall – wie meist in der Ernährungsforschung.“
Junge & alte Männer: gesundes Essen ohne Effekt
Das Prinzip Zufall könnte auch für jene drei von sechs Altersgruppen der Männer gelten, bei denen die Forscher einen Zusammenhang zwischen hoher Ernährungsqualität und niedrigem Gewichtsstatus errechneten (30-39, 40-49 und 50-59). „Wer diese Korrelationen ernst nimmt, der müsste Männern empfehlen: In der Sturm- & Drangphase bis Ende 20 und ab 60, wenn ihr es ruhiger angehen lasst, da könnt ihr essen, was ihr wollt – dazwischen könnte sich ungesunde Ernährung am Bauch niederlassen, vielleicht aber auch nicht“, schmunzelt Knop, „denn das ökotrophologische Universalcredo lautet: Nichts Genaues weiß man nicht …“ [1]
Studie mit Sonderstellung
Die Studie ist bislang einzigartig, denn sie untersuchte erstmals die alters-abhängigen Zusammenhänge zwischen Bewegung, Ernährungsqualität und Gewichtsstatus in einer repräsentativen Stichprobe US-amerikanischer Frau-en und Männer. Datengrundlage der Forscher war die NAHNES-Studie (Nati-onal Health and Nutrition Examination Survey), die von den US-amerikanischen Behörden „Centers for Disease Control and Prevention“ (CDC) durchgeführt wurde. Die aktuelle Studie erschien im offiziellen Journal des „American College of Sports Medicine“, der weltgrößten Organisation für Sportmedizin. „Sowohl Datengrundlage und Durchführung der Studie als auch die Intention der Wissenschaftler weisen nicht darauf hin, dass dieses Ergebnis ernährungsideologisch motiviert und daher anzuzweifeln ist“, so Knop.
Aufgrund ihrer Studien-Ergebnisse sprechen die Wissenschaftler keine Empfehlung für öffentliche Ernährungskampagnen aus, um Fettleibigkeit vorzubeugen. Der Vollständigkeit halber sei erwähnt: Die Autoren empfehlen Maßnahmen für mehr Bewegung, weil die entsprechenden Zusammenhänge in ihrer Studie klarer waren. Im Hinblick auf diese neuen Studienergebnisse erscheinen die ohnehin erfolglosen Kampagnen zur „Förderung gesunder Ernährung und Prävention von Übergewicht“ noch weitaus fragwürdiger. „Unsere verantwortlichen Minister Gröhe [BMG] und Schmidt [BMELV] sollten diese Studie kennen“, empfiehlt Knop.
[1] Associations among Physical Activity, Diet Quality, and Weight Status in U.S. Adults; Med Sci Sports Exerc. 2014 Jul 23. [Epub ahead of print] Zitate aus der Originalarbeit, die das Alleinstellungsmerkmal betonen: „Surprisingly, no previous study has examined the associations between weight status, diet quality, and physical activity in nationally-representative age/gender subgroups of the adult population in the United States.“ „However, to our knowledge, this is the first study to comprehensively document age-related trends in weight status, physical activity, and diet quality using a representative sample of U.S. men and women.“ „The design and methodology of the present study are unique“
[2] USDA CNPP (U.S. Department of Agriculture’s Center for Nutrition Policy and Promotion): HEI-2005 / Healthy Eating Index [HEI]
[3] Die wichtigste und aktuellste Ernährungsstudie, EPIC, konnte keine statistisch signifikanten Korrelationen zwischen Obst- und Gemüsekonsum und Krebsentstehung aufzeigen. Dazu konstatierte Professor Rudolf Kaaks vom Deutschen Krebsforschungszentrum DKFZ in der Süddeutschen Zeitung: „Keinerlei Beziehung, null Komma null.“
[4] Falsche Früchtchen, sueddeutsche online / Wer zu viel glaubt, bleibt dumm, spiegel online