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UK Regensburg
Klinikseelsorge: Begleiter und Zuhörer in Notlagen
Auch sie musste sich den veränderten Bedingungen der Pandemie anpassen. Pater Klaus Schäfer spricht über besondere Herausforderungen und ungewöhnliche Begegnungen.
Was sind die Hauptaufgaben eines Klinikseelsorgers? Unterscheiden sich diese stark von der Gemeindeseelsorge?
Pater Schäfer: Die Klinikseelsorge nimmt die Rolle eines Begleiters ein. Meine Kolleginnen und Kollegen aus der ökumenischen Klinikseelsorge und ich begleiten Patienten, Angehörige, Hinterbliebene und Mitarbeiter bei der Aufarbeitung und Bewältigung von Problemen, Sorgen und Ängsten. Wir haben einfach ein offenes Ohr für die Menschen. Was für ein Ergebnis bringt die Untersuchung? Ist die Therapie erfolgreich? Wie lange muss ich in der Klinik bleiben? In welchem Zustand komme ich wieder nach Hause? Aber auch Sterbebegleitung für den Sterbenden und seine Angehörigen gehört mit dazu. Das gilt nicht nur für unsere Patienten. Wenn ein Mitarbeiter des UKR stirbt, halten wir mit seinem Team gerne eine Trauerfeier. Dabei spielt es auch keine Rolle, welcher Konfession oder Religion der Verstorbene angehört. Im Sinne des Miteinanders werden die Trauerfeiern ökumenisch abgehalten. Gelegentlich dürfen wir Klinikseelsorger aber auch ein Kind taufen oder gar eine Hochzeit abhalten.
Das Coronavirus SARS-CoV-2 beschäftigt die Welt auch nach über zwei Jahren noch ausgiebig. Hat sich während der Pandemie Ihre Arbeit als Seelsorger verändert?
Pater Schäfer: Ja, sicherlich. In weiten Teilen sogar sehr. Gerade die Begleitung von Sterbenden auf den COVID-Intensivstationen war und ist schon sehr speziell. Alleine schon die äußeren Umstände. Wir mussten uns, wie Ärzte und Pflegekräfte auch, mit einer kompletten Schutzmontur, Brille, Handschuhe, Kittel und Haube, kleiden und erst dann konnten wir zu den Corona-Patienten ans Bett. Das Hygiene-Team hat uns hier bestens unterstützt und im Umgang mit den Schutzmaßnahmen geschult. Im Frühjahr 2020, als noch niemand so recht wusste, welche Sicherheitsmaßnahmen ausreichend sind - wir Klinikseelsorger arbeiten stationsübergreifend -, stellten wir die Krankenbesuche weitestgehend ein, ließen aber Kärtchen mit den Kontaktdaten der Seelsorge drucken, die zu Ostern 2020 an alle unsere Patienten verteilt wurden. Einerseits müssen wir die Patienten schützen, andererseits wollen wir für sie in ihren Nöten da sein. Somit betrieben wir für einige Wochen hauptsächlich Seelsorge per Telefon.
Hygiene-Regeln und Eigenschutz sind das Eine, aber wie hat sich konkret der Umgang mit den Patienten während der Pandemie verändert?
Pater Schäfer: Der Kontakt ist natürlich räumlich distanzierter geworden. Man konnte nicht die Nähe zu den Betroffenen suchen, sich nicht an das Bett setzen. So zum Beispiel bei Sterbenden auf den COVID-Intensivstationen. In vielen Fällen waren wir von der Seelsorge die einzigen, die direkt am Patienten sein konnten, während Angehörige aus Gründen des Infektionsschutzes nicht direkt ins Zimmer durften, um sich zu verabschieden. Dennoch durften wir auch Dankbarkeit von Hinterbliebenen erfahren, weil wir ihre Angehörigen auf dem letzten Weg begleiten konnten.
Wissen Sie beim Betreten eines COVID-Zimmers immer schon, was Sie erwartet?
Pater Schäfer: In den meisten Fällen tatsächlich, weil ich von Angehörigen oder den Kollegen von der Station gerufen werde. Ich weiß also, ob man auf Genesung hofft, ich einen Sterbenden begleiten soll oder ob der Patient bereits verstorben ist.
Auf der einen Seite stehen Patienten, Angehörige und Hinterbliebene. Auf der anderen Seite stehen Ärzte, Pflegekräfte und alle anderen Mitarbeiter im Krankenhaus, deren Alltag eng mit dem der schwerkranken Patienten auf den COVID-Stationen verwoben ist.
Pater Schäfer: Die Kollegen auf unseren Stationen leisten seit mehr als zwei Jahren Unglaubliches. Die Pandemie war für alle ein Wellenbad der Gefühle. Während sich die Situation außerhalb des Klinikums immer wieder einmal verbessert hat und die Inzidenzen rückgängig waren, hatte sich dieses Bild auf den Corona-Stationen nicht oder nur sehr langsam abgezeichnet. Und genauso wellenartig wie das Infektionsgeschehen sich am Klinikum abgezeichnet hat, so wurde auch die Seelsorge durch die Mitarbeiter angefragt. Oftmals einfach ‚nur‘, um zu reden. Allgemein lässt sich auf jeden Fall feststellen, dass die Anfragen an die Klinikseelsorge während der Pandemie deutlich gestiegen sind.
Sie werden täglich mit Tod, Trauer, Sorgen, Ängsten und vielen weiteren Problemen Ihrer Mitmenschen konfrontiert. Wie schaffen Sie es, nicht zu viel an sich selbst heranzulassen?
Pater Schäfer: Es ist ja so, dass ich mir meine Arbeit ausgesucht habe, weil ich darin meine Stärken sehe. Klar, in vielen Situationen stehen zu Beginn erst einmal die Trauer und der Abschied. Dieser Trauer muss man auch den Raum geben, um das Geschehene zu verarbeiten. Dabei helfe ich den Betroffenen. Oft sind es einfach nur die kleinen Gesten, ein kurzes, anerkennendes Nicken oder eben das offene Ohr. Oder, wie es mir in meiner Zeit als Klinikseelsorger erst einmal passiert ist, eine kurze Umarmung.