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Zukunft Essen
Schlechte Noten für Schulessen: Initiative für gute Verpflegung in Österreichs Schulen und Kindergärten
Die durchschnittliche Verpflegungssituation an österreichischen Schulen und Kindergärten schreit nach Verbesserungen. Zukunft Essen, Volkshilfe Österreich, SIPCAN und Netzwerk Kinderrechte haben sich daher zu einer Initiative für gute Verpflegung in Österreichs Schulen und Kindergärten zusammengeschlossen und fordern die Politik zum Handeln auf.
Schlechte Noten für Schulessen
Mit Ende der Sommerferien fängt für über 1 Millionen Kinder und Jugendliche wieder die Schule an. Wie es um die aktuelle Verpflegungslage an Österreichs Schulen der Sekundarstufe I und II steht, hat Manuel Schätzer vom Forschungsinstitut SIPCAN in einer neuen Studie untersucht. "Das Ergebnis unserer Studie ist ernüchternd: An 32% aller Schulen steht den Schüler*innen aktuell noch kein warmer Mittagstisch zur Verfügung. Bundesweit haben damit über 150.000 Kinder und Jugendliche an Mittelschulen, Gymnasien und berufsbildenden Schulen keine Möglichkeit, in der Schule eine warme Mahlzeit zu essen. Das heißt, jede:r vierte Schüler:in ist davon betroffen”, so Schätzer.
Gefahren für Gesundheit der Kinder
Und auch um die Qualität des Essens steht es nicht zum Besten: Rund zwei Drittel der Schulen mit Mittagstisch werden nicht auf eine gesundheitliche Gestaltung ihrer Speisepläne kontrolliert. “Mit Beginn des neuen Schuljahres sitzt in ganz Österreich durchschnittlich in jeder zweiten Schulbank ein übergewichtiges Kind und in jeder Schulklasse zwei adipöse Kinder. Ein Faktor für diesen Umstand ist, wie regelmäßig die Kinder Mahlzeiten essen. Da Kinder und Jugendliche etwa ein Drittel ihres Tagesenergiebedarfs in der Schule decken, zeigt sich der große Handlungsbedarf.”, so Schätzer.
Armutsgefährdete Kinder besonders betroffen
Erich Fenninger von der VOLKSHILFE betont in diesem Zusammenhang die besondere Bedeutung einer kostenfreien Schulmahlzeit für armutsbetroffene Kinder: “Jede 10. Familie in Österreich ist von Ernährungsarmut betroffen und jedes 5. Kind von Armut. Tendenz steigend, da die Teuerung armutsbetroffene Familien stärker trifft, weil sie einen größeren Prozentsatz ihres Haushaltseinkommens für Lebensmittel ausgeben müssen als andere. Schilderungen aus der Sozialberatung der Volkshilfe lassen die Dramatik erkennen, wenn Eltern das Geld für eine gesunde, ausgewogene Ernährung ihrer Kinder fehlt. Die gesundheitlichen Folgen sind eindeutig: Armutsbetroffene Kinder sind häufiger krank, das zeigt sich bereits im frühen Kindesalter. Auch die Konzentrationsfähigkeit und somit der schulische Erfolg leiden unter nicht adäquater Ernährung. Ein gesundes Schulessen könnte das ausgleichen, wie auch eine schwedische Langzeitstudie belegt. Sie zeigt, dass kostenfreie und gesunde Schulverpflegung nicht nur kurzfristig, sondern auch langfristig signifikante Vorteile für die Gesundheit, die Entwicklung, die schulischen Leistungen und sogar das spätere Einkommen von Menschen bietet.”, so Fenninger, der im Rahmen einer Kindergrundsicherung, auch kostenloses Mittagessen an Schulen fordert.
Auch Politiker:innen haben Hausaufgaben zu machen
“Ziel des im Dezember 2023 veröffentlichten Nationalen Aktionsplans zur Umsetzung der Europäischen Garantie für Kinder ist u.a. die flächendeckende Bereitstellung einer kostenlosen, nachhaltigen und gesundheitsfördernden Verpflegung pro Schultag für Schüler*innen bis 2030. Das ist eine Herausforderung, aber es ist schaffbar. Betonen möchte ich, dass die nächste Bundesregierung an diesen Aktionsplan gebunden ist. Sie muss bis 2030 kontinuierlich an die EU berichten - aber mehr noch: Sie muss vor den Kindern und Eltern für eine Schul- und Kindergartenverpflegung gerade stehen. Das ist eine Hausaufgabe, mit der sie sich jedenfalls auseinandersetzen müssen”, so Elisabeth Schaffelhofer-Garcia Marquez vom NETZWERK KINDERRECHTE.
Wahlversprechen der Parteien in punkto Schulessen
Wie ernst die Parteien das Thema Schulessen nehmen, wollte der Verein ZUKUNFT ESSEN wissen und machte jetzt vor der Wahl eine Befragung dazu publik. "Die Situation von Schul- und Kindergartenessen in Österreich ist nicht zufriedenstellend. Zwar hat sich die Politik zu wichtigen Beschlüssen durchgerungen, doch es mangelt an der Umsetzung”, kritisiert Natalie Lehner von ZUKUNFT ESSEN. "Als Ergebnis unserer Parteibefragung zeigt sich: Nur drei von fünf Parteien, nämlich die SPÖ, GRÜNEN und NEOS sehen Kindergarten- und Schulessen für die kommende Legislaturperiode als wichtig an und wollen politisch konkrete Schritte für eine Umsetzung in die Wege leiten. Die FPÖ misst der Verpflegung sogar nur eine sehr niedrige Priorität bei. Von der ÖVP haben wir leider auf unsere Anfragen zur Parteibefragung keine Antwort erhalten", so Lehner.
Appell an die nächste Regierung
Für über eine Million Kinder und Jugendliche in ganz Österreich fängt mit Ende der Sommerferien der Alltag in Schule und Kindergarten wieder so richtig an. “Die Möglichkeit, so viele junge Menschen in Bildungseinrichtungen zu erreichen und ihnen eine Ernährungsbasis zu geben, mit der sie sowohl ihren Schulalltag als auch ihr Leben gut aufbauen und wir unseren Planeten schützen können - diese Möglichkeit darf man nicht einfach ignorieren”, führt Lehner weiter aus.
Die Initiative aus unterschiedlichen Organisationen im Bereich Kinder und Ernährung fordern daher die Parteien auf, in der kommenden Legislaturperiode konkrete politische Schritte zu setzen um bis 2030 jedem Kind in Österreichs Schulen und Kindergärten ein kostenlose Mahlzeit pro Tag zu ermöglichen, die Gesundheit, Chancengleichheit und Nachhaltigkeit fördert.