- Kongresse [+]
Deutsches Krebsforschungszentrum
Krebsstammzellen - Der weite Weg zur gezielten Therapie
Die Forscher verstehen die fatalen Tricks der Krebsstammzellen immer besser, erste Ansätze, sie zu bekämpfen, verliefen erfolgreich. Die Umsetzung in neuartige Therapien ist der nächste große Meilenstein.
Krebsstammzellen gelten als die gefährlichsten Zellen in einem Tumor: Nicht nur, dass aus ihnen der Tumor hervorgeht, sie sorgen auch ständig für Nachschub an Krebszellen und erhalten so den Tumor am Leben. Ihre direkten Abkömmlinge sind es vermutlich auch, die den Tumor verlassen und an anderer Stelle im Körper die gefürchteten Metastasen bilden. Unglücklicherweise sind ausgerechnet diese Zellen relativ unempfindlich gegenüber herkömmlichen Chemo- oder Strahlentherapien. Deshalb stehen sie im Verdacht, für das Wiederauftreten von Tumoren nach scheinbar erfolgreicher Therapie verantwortlich zu sein.
„Wir sind davon überzeugt, dass wir den Krebs nur besiegen können, wenn es uns gelingt, ihn an seiner Wurzel zu packen und die Krebsstammzellen zu vernichten“, sagt Professor Dr. Dr. h.c. Otmar D. Wiestler, Vorstandsvorsitzender des Deutschen Krebsforschungszentrums, der die Tagungen zu Krebsstammzellen initiiert hat. „Wir freuen uns deshalb über die außerordentliche Resonanz auf unsere Tagung, die bereits seit Wochen "ausgebucht" ist.“
Professor Andreas Trumpp, Mitorganisator der Tagung und Leiter der Abteilung Stammzellen und Krebs im Deutschen Krebsforschungszentrum sowie Geschäftsführender Direktor von HI-STEM, dem Heidelberger Institut für Stammzellforschung und Experimentelle Medizin vom Deutschen Krebsforschungszentrum und der Dietmar-Hopp-Stiftung, hat seit kurzem auch die Zellen der so genannten Stammzellnische im Visier: „Die Nischenzellen umgeben die Krebsstammzellen und unterstützen sie bei ihrer fatalen Aufgabe. Es ist daher unbedingt notwendig, für Therapieansätze auch diese Zellen im Auge zu behalten.“
Ein erster Erfolg auf dem Weg zur gezielten Blockade von Hirntumorstammzellen ist dem Forscherteam um Dr. Haikun Liu vom DKFZ gelungen. Sie identifizierten in Krebsstammzellen von Hirntumoren das Protein TLX. Blockierten sie dieses Protein bei krebskranken Mäusen, verloren die Krebsstammzellen ihre Fähigkeit zur Selbsterneuerung und die Tiere überlebten länger. „Hochaggressive Glioblastome beim Menschen ähneln den untersuchten Hirntumoren bei Mäusen. Wir haben das Protein TLX auch in den menschlichen Krebsstammzellen entdeckt. Mit diesem Protein haben wir eine neue Zielstruktur, über die wir die Wurzel des Übels, die Krebsstammzellen, treffen können. Deshalb hoffen wir, dass wir auch beim Menschen das Wachstum aggressiver Hirntumoren eindämmen können“, sagt Dr. Haikun Liu.
Zu der Tagung haben die Organisatoren vom Deutschen Krebsforschungszentrum und dem Deutschen Konsortium für Translationale Krebsforschung, dem National Cancer Institute der Vereinigten Staaten und der Leopoldina die internationale Elite der Stammzellforscher eingeladen: John Dick von der Universität in Toronto gilt als der Entdecker der Krebsstammzellen. Er berichtete über die beunruhigende Erkenntnis, dass vermutlich jeder Vorstufen von Krebsstammzellen in sich trägt. Solche "prä-leukämischen" Stammzellen fanden die kanadischen Forscher im Knochenmark von gesunden Probanden. Elaine Fuchs von der Rockefeller Universität in New York untersucht, wann und warum Hautstammzellen ihre normale Entwicklungslaufbahn verlassen und zu Krebsstammzellen werden. Frederic de Sauvage von Genentech Incorporated in San Francisco in Kalifornien zeigte aufsehenerregende Ergebnisse mit einem ersten zielgerichteten Medikament gegen Hautkrebszellen. Mina Bissell von der University of California in Berkeley erforscht die Mikroumgebung von Brustkrebszellen und ist überzeugt davon, dass diese eine wichtige Rolle bei der Entstehung von Metastasen spielt.
„Wir freuen uns vor allem auch darüber, dass bei dieser Tagung unsere jungen Nachwuchswissenschaftler beim "Speakers-Lunch" ins Gespräch mit den Stars der Stammzellforschung kommen“, sagt Otmar Wiestler. „Denn wir sind davon überzeugt, dass dieses Forschungsgebiet in Zukunft eine immer wichtigere Rolle in der Krebsforschung spielen wird.“
Das Symposium wird großzügig unterstützt von der Nationalen Akademie der Wissenschaften Leopoldina sowie der Heidelberger Heinrich F. C. Behr-Stiftung, die bereits zum 8. Mal eine internationale Tagung im Deutschen Krebsforschungszentrum fördert.
Das Deutsche Krebsforschungszentrum (DKFZ) ist mit mehr als 3.000 Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern die größte biomedizinische Forschungseinrichtung in Deutschland. Über 1000 Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler erforschen im DKFZ, wie Krebs entsteht, erfassen Krebsrisikofaktoren und suchen nach neuen Strategien, die verhindern, dass Menschen an Krebs erkranken. Sie entwickeln neue Methoden, mit denen Tumoren präziser diagnostiziert und Krebspatienten erfolgreicher behandelt werden können. Die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter des Krebsinformationsdienstes (KID) klären Betroffene, Angehörige und interessierte Bürger über die Volkskrankheit Krebs auf. Gemeinsam mit dem Universitätsklinikum Heidelberg hat das DKFZ das Nationale Centrum für Tumorerkrankungen (NCT) Heidelberg eingerichtet, in dem vielversprechende Ansätze aus der Krebsforschung in die Klinik übertragen werden. Im Deutschen Konsortium für Translationale Krebsforschung (DKTK), einem der sechs Deutschen Zentren für Gesundheitsforschung, unterhält das DKFZ Translationszentren an sieben universitären Partnerstandorten. Die Verbindung von exzellenter Hochschulmedizin mit der hochkarätigen Forschung eines Helmholtz-Zentrums ist ein wichtiger Beitrag, um die Chancen von Krebspatienten zu verbessern. Das DKFZ wird zu 90 Prozent vom Bundesministerium für Bildung und Forschung und zu 10 Prozent vom Land Baden-Württemberg finanziert und ist Mitglied in der Helmholtz-Gemeinschaft deutscher Forschungszentren.