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33. Jahrestagung der Deutschen Gesellschaft für Senologie (DGS)
Operationsrisiken vermeiden durch Sentinel Node Biopsien
Der Lymphknotenstatus ist einer der wesentlichen Prognosefaktoren beim Mammakarzinom. Ob und wie viele Achsellymphknoten Metastasen (Absiedlungen des Brustkrebs) haben, nimmt wesentlichen Einfluss auf die gesamte Behandlung der Brustkrebserkrankung. Wie ausgedehnt soll in der Achselhöhle operiert werden? Welche medikamentöse Behandlung soll erfolgen? Ist eine Chemotherapie nötig? Sollen weitere Lymphknotenstationen bestrahlt werden? Zur Beantwortung aller dieser Fragen ist der Lymphknotenstatus ein ganz wesentlicher Parameter.
Bis etwa zur Jahrtausendwende wurden die Achsellymphknoten der betroffenen Seite weitestgehend entfernt. Funktionelle Beschwerden wie Schwellungen (Lymphödem) oder Gefühlsstörungen im Arm, Schmerzen und Bewegungseinschränkungen im Schulterbereich der gleichen Seite bedeute(te)n so für die betroffenen Frauen die stärksten Langzeitprobleme und wesentlichsten Beeinträchtigung ihrer Lebensqualität, weit vor möglichen kosmetischen Beeinträchtigungen nach einer Brust-OP.
Besonders Frauen mit gesunden, also metastasenfreien Achsellymphknoten haben (im Nachhinein) durch eine Übertherapie unnötige Langzeitbeschwerden. Durch die Sentinel Node Biopsie, die gezielte Entfernung des/der Wächterlymphknoten/s, können mit einem sehr viel kleineren operativen Eingriff bei gleicher onkologischer Sicherheit diese Langzeitfolgen deutlich in Ausmaß und Dauer gesenkt werden. Vor 20 Jahren (1993) wurde die Methode der Sentinel Node Biopsie zum ersten Mal beschrieben. Seit ca. 10 Jahren gehört sie zur Standardtherapie beim Mammakarzinom bei Frauen, deren Achsellymphknoten bei den ersten Untersuchungen unauffällig erscheinen. Wenn nach der operativen Entfernung des Wächterlymphknotens auch die mikroskopische Untersuchung einen gesunden, also metastasenfreien Befund zeigt, kann auf die Entfernung weiterer Achsellymphknoten verzichtet werden. Damit ist das Risiko anhaltender funktioneller Schulter-Arm-Beschwerden deutlich geringer.
Wir wissen, dass die Methode „Sentinel Node Biopsie“ excellent funktioniert, d.h. technisch und onkologisch sicher, wenn die Operation der erste Behandlungsschritt ist. Es gibt aber auch Situationen, in denen aus krankheitsspezifischen Gründen oder auch bei anfänglicher Lymphkotenbeteiligung vor der Operation zunächst eine Chemotherapie durchgeführt wird. Sehen die anfänglich kranken Lymphknoten nach einer Chemotherapie wieder unauffällig aus, stellt sich natürlich auch hier die Frage – ob eine Sentinel Node Biopsie statt der kompletten Achsellymphknotenentfernung erfolgen kann? Aus der aktuell veröffentlichten deutschen SENTINA (SENTinel NeoAdjuvant)-Studie wissen wir, dass die Methode „Sentinel Node Biopsie“ in dieser Situation technisch schlechter funktioniert, der Sentinel Node wird weniger sicher aufgefunden, so dass die onkologische Sicherheit derzeit nicht sicher abzuschätzen ist.
Die SENTINA-Studie ist weltweit eine der ersten Studien, die diese Fragestellung prospektiv untersucht. Prof. Kühn aus Esslingen hat als Studienleiter über viele Jahre ÄrztInnen und Patientinnen aus über 100 Brustzentren in Deutschland und einem aus Österreich motivieren können, ohne jegliche (finanzielle) Gegenleistung Daten zu sammeln und zur Verfügung zu stellen. Die Ergebnisse sind im Mai 2013 (online vorab) in Lancet Oncology veröffentlicht worden.
Bericht Prof. Wallwiener und Dr. Helms als Download (PDF)