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Dr. Klaus Kraywinkel
Aktuelle epidemiologische Daten zu Krebs in Deutschland
Ich möchte daher einmal die Gelegenheit nutzen, auf einige positive Entwicklungen und Ergebnisse hinzuweisen: Nach aktuellen, noch vorläufigen Auswertungen von Daten der epidemiologischen Krebsregister bis zum Jahr 2011 verstärkt sich der Eindruck, dass sich für die vergangenen drei bis vier Jahre eher eine Stagnation der Erkrankungszahlen abzeichnet. Dieser Trend zeigt sich trotz der weiteren Zunahme des Anteils älterer Menschen in unserer Bevölkerung. Vor allem die Entwicklung beim Darmkrebs ist hervorzuheben; hier ist zuletzt sogar ein Rückgang der Erkrankungszahlen zu beobachten. Auch wenn man bei weiterhin jährlich rund 480.000 Krebsneuerkrankungen sicher nicht von einer Trendwende sprechen kann und wir zum Beispiel für die sehr schwer behandelbaren Tumoren der Leber und Bauchspeicheldrüse weiterhin eher von steigenden Zahlen ausgehen müssen, unterstreichen diese Ergebnisse, dass die Häufigkeit von Krebserkrankungen zu einem gewissen Maße beeinflussbar ist. Möglich ist dies unter anderem durch Bewegung, gesunde Ernährung, Prävention bestimmter Infektionen und für einige Krebsarten auch durch Diagnose und Behandlung von Krebsvorstufen. Der wichtigste beeinflussbare Risikofaktor ist jedoch weiterhin der Tabakkonsum, der nach unseren Schätzungen etwa 15% aller Krebsfälle in Deutschland verursacht. Gerade der deutliche Rückgang des Anteils von Rauchern in der jüngeren Generation lässt hier langfristig auf eine positive Entwicklung vor allem, aber nicht nur beim Lungenkrebs hoffen.
Bei den Überlebenschancen von Krebspatienten liegt Deutschland in Europa in der Spitzengruppe, wie eine große internationale Studie mit Daten von Krebsregistern aus 29 Ländern kürzlich bestätigt hat. In den letzten 20 – 30 Jahren sind für viele Krebsarten zudem deutliche Verbesserungen erzielt worden. Der Anteil von Krebserkrankungen an allen Todesursachen liegt in Deutschland seit Ende der 1990er Jahre konstant bei knapp 25%, nachdem er zuvor lange Zeit zugenommen hatte. Gleichzeitig ist das mittlere Sterbealter für Krebspatienten in diesem Zeitraum um etwa zwei Jahre gestiegen und liegt jetzt bei etwa 73 Jahren. Es gibt also durchaus eine wechselseitige Beziehung zwischen demografischen Veränderungen und Krebserkrankungen: Die Fortschritte in der Behandlung Krebskranker haben mittlerweile ihrerseits einen wichtigen Anteil daran, dass die Lebenserwartung und damit auch der Anteil älterer Menschen bei uns nach wie vor steigt.
Diese Teilerfolge im Kampf gegen den Krebs wurden bisher eher in kleinen Schritten als durch große Durchbrüche in der Therapie erreicht. Wenn wir heute über intelligente Konzepte in der Onkologie sprechen, gehört aus meiner Sicht dazu auch, dass wir durch intelligentes Erfassen und Nutzung von Informationen aus der Epidemiologie und auch der Versorgung Krebskranker ein lernendes System aufbauen, das dazu beiträgt, diesen Weg der kleinen (Fort)schritte weiterzugehen. Dieses ambitionierte Ziel ist mit dem Ausbau der Krebsregistrierung im Nationalen Krebsplan formuliert worden. Nachdem im letzten Jahr das Rahmengesetz des Bundes zum Aufbau klinischer Krebsregister verabschiedet wurde, arbeiten die Bundesländer derzeit intensiv an der Umsetzung.
Weitere Informationen zur Häufigkeit von Krebserkrankungen in Deutschland finden Sie unter www.krebsdaten.de und in unserer Veröffentlichung „Krebs in Deutschland“.