- Personalien [+]
Prof. Dr. H.-Hilger Ropers
Ein Leben im Dienst der Humangenetik
Als seltene Krankheiten oder Störungen bezeichnet man Erkrankungen, die bei weniger als einem von 2.000 Menschen auftreten. Die geringe Zahl an Patienten erschwert eine systematische Untersuchung der einzelnen Krankheiten. Durch den Einsatz von neuen Hochdurchsatz-Sequenzierungsmethoden ist es heute aber möglich geworden, das Erbgut einzelner Betroffener individuell zu untersuchen und die genetischen Veränderungen zu identifizieren, die der Erkrankung zugrunde liegen könnten. „Allerdings unterscheiden sich auch die Gene von gesunden Menschen an zahlreichen Stellen voneinander“, erklärt Ropers. „Um daher die Bedeutung bzw. krankmachende Wirkung einer Genvariation beurteilen zu können, müssen wir sie mit den genetischen Daten weiterer Patienten vergleichen. Dies geht nur über eine nationale Zentraldatenbank, in der die Sequenzdaten von Patienten mit seltenen Krankheiten gesammelt und vergleichend beurteilt werden können.“
H.-Hilger Ropers wurde 1943 in Steinkirchen in Niedersachsen geboren. Er studierte Medizin in Freiburg und München. Nach seiner Promotion und Habilitation in Humangenetik an der Universität Freiburg war er 14 Jahre als Ordinarius und Leiter der Abteilung Humangenetik an der Universität Nijmegen in den Niederlanden tätig, bevor er 1994 als Direktor und Leiter der Abteilung Humangenetik an das Max-Planck-Institut für molekulare Genetik nach Berlin berufen wurde.
Im Laufe seiner wissenschaftlichen Karriere hat Ropers zahlreiche grundlegende Beiträge zu der Aufklärung der molekularen Ursachen monogen bedingter Störungen geleistet. Sein Interesse galt und gilt dabei vor allem den Ursachen von angeborenen Augenkrankheiten, Taubheit und insbesondere kognitiven Störungen und geistiger Behinderung. Aufgrund seiner Erfahrungen in den Niederlanden kam Ropers schon früh zu der Überzeugung, dass humangenetische Untersuchungen und genetische Beratungen am wirkungsvollsten in spezialisierten Zentren geleistet werden können. Diese Einstellung hat sein wissenschaftliches und wissenschaftspolitisches Wirken bis heute geprägt. Ropers gehört zu den Gründern des Europäischen MRX-Konsortiums und des internationalen Registers für krankheitsassoziierte balancierte Translokationen, in deren Rahmen eine große Anzahl an Genen identifiziert worden ist, die bis heute mit geistiger Behinderung oder kognitiven Störungen in Verbindung gebracht werden. Nach der Einführung der neuen Hochdurchsatz-Sequenzierungsmethoden erkannte Ropers sehr schnell die Möglichkeiten, die sich hieraus für die Untersuchung von seltenen genetisch-bedingten Erkrankungen ergaben. 2011 konnte er gemeinsam mit Partnern aus dem Iran in einer beispielhaften Untersuchung an iranischen Großfamilien mit mehreren von geistiger Behinderung betroffenen Kindern 50 bis zu diesem Zeitpunkt unbekannte Gene als Ursache für geistige Behinderung nachweisen und bekannten regulatorischen Signalwegen zuordnen.
Gemeinsam mit Kollegen aus humangenetischen Einrichtungen in ganz Deutschland setzt Ropers sich seit Jahren für eine Reorganisation der genetischen Krankenversorgung in Deutschland ein. Insbesondere sollten medizinische Genomsequenzierungen künftig an einem oder wenigen spezialisierten Zentren durchgeführt und die Sequenzdaten in einer zentralen Datenbank gesammelt werden, um eine systematische, vergleichende Beurteilung der pathogenetischen Relevanz der gefundenen Veränderungen zu ermöglichen. Für seine wissenschaftlichen Leistungen sowie sein Engagement bei der Bekämpfung seltener Krankheiten ist Ropers jetzt mit dem EURORDIS Scientific Award 2014 ausgezeichnet worden. Der Preis wurde am 25. Februar 2014 in Brüssel verliehen.
Hintergrundinformation:
EURORDIS ist eine nicht-staatliche Patienten-gesteuerte Allianz von Patientenorganisationen und vertritt 614 Patientenorganisationen aus 58 Ländern und mehr als 4.000 seltene Krankheiten. Die EURORDIS-Awards für hervorragende Leistungen im Bereich der seltenen Krankheiten werden jährlich in Brüssel übergeben. Die Auszeichnungen dienen zur Anerkennung hervorragender Patientenorganisationen, ehrenamtlicher Mitarbeiter, Wissenschaftler, Unternehmen, Medien und politischer Entscheidungsträger, die zur Minderung des Einflusses seltener Krankheiten auf das Leben der Betroffenen beigetragen haben.