- Personalien [+]
Stefanie Grosswendt
ERC Starting Grant für Forschung zu Prinzipien der Zell-Kommunikation
Mit dem ERC Starting Grant bekommt das erst 2021 etablierte Labor der Nachwuchsforscherin Stefanie Grosswendt einen Schub: Die begehrte Auszeichnung ist mit einer Förderung in Höhe von etwa 1,5 Millionen Euro über fünf Jahre verbunden. Die Gutachter*innen des Europäischen Forschungsrates suchen nach ungewöhnlichen Ansätzen, die – sofern sie funktionieren – Türen aufstoßen und erheblichen Fortschritt ermöglichen können („high risk, high reward“). Die Kandidat*innen müssen außerdem seit ihrer Promotion zwei bis sieben Jahre Erfahrung gesammelt haben und vielversprechende wissenschaftliche Erfolge vorweisen können. In diesem Jahr erhalten 397 europäische Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler unterschiedlichster Fachrichtungen ERC Starting Grants.
Dr. Stefanie Grosswendt leitet eine BIH-Nachwuchsgruppe, die zum gemeinsamen Fokusbereich „Single-Cell-Ansätze für die Personalisierte Medizin“ des Berlin Institute of Health in der Charité (BIH), der Charité – Universitätsmedizin Berlin und des Max-Delbrück-Centrums für Molekulare Medizin in der Helmholtz-Gemeinschaft (MDC) gehört. Ihr Labor ist ko-affiliiert mit der Klinik für Pädiatrie mit Schwerpunkt Onkologie und Hämatologie unter der Leitung von Frau Professorin Angelika Eggert der Charité und am Berliner Institut für Medizinische Systembiologie (BIMSB) des MDC angesiedelt. In ihrem Projekt „Cellmates“ will Stefanie Grosswendt untersuchen, welche Zellen Nachbarn im Gewebe sind, wie genau sie Informationen austauschen und welche Konsequenzen sich daraus ergeben.
Wer soll ich werden und wo soll ich hin?
Wie wandelbar Zellen sind, ist während der Entwicklung eines Embryos offensichtlich. Nach und nach bildet sich aus einer befruchteten Eizelle ein ganzer Organismus. „Aber dazu muss jede einzelne Zelle erst einmal wissen, was sie werden soll und zum Teil auch wohin sie eigentlich noch wandern muss“, sagt Stefanie Grosswendt. „Deshalb bekommt eine Zelle immer wieder Signale aus ihrer unmittelbaren Umgebung – wir wollen dieses Zusammenspiel entziffern und verstehen, wie es dazu beiträgt, dass sich Zellen spezialisieren und so ihren Weg finden.“
Diesen fein austarierten Prozess analysiert die Nachwuchsforscherin anhand von Zellen der Neuralleiste von Mäuseembryonen. Diese Zellen sind zunächst multipotent; sie entwickeln sich dann in ganz unterschiedliche Zelltypen, von Pigmentzellen der Haut über Knorpelelemente des Kiefers bis hin zum Nebennierenmark. Geht etwas schief, können bereits vor der Geburt zum Beispiel Krebszellen des Neuroblastoms entstehen.
„Bisher wissen wir nicht, wie komplex die Wechselwirkungen zwischen Zellen sein können und welche Auswirkungen das jeweils auf das Zellschicksal hat“, sagt Grosswendt. Sie will daher die Technologien der Einzelzellanalyse so weiterentwickeln, dass man benachbarte Zellen im Gewebe präzise identifizieren und gleichzeitig ermitteln kann, welche Signale sie sich senden und wie sie dadurch gegenseitig ihre Eigenschaften beeinflussen.
Enormes Potenzial für die medizinische Forschung
„Ein und dasselbe Signal kann unterschiedliche Antworten auslösen, je nach Zelltyp“, sagt Grosswendt. Die Zellen lesen danach andere Gene ab als zuvor, ändern mitunter sogar ihre Identität. „Diese Prinzipien der Zellkommunikation kommen nicht nur während der Entwicklung oder im gesunden Gewebe zum Tragen. Die Zellen innerhalb eines Tumors beeinflussen sich ebenfalls gegenseitig. Das kann die Genaktivität einiger Krebszellen so verändern, dass sie schwerer zu therapieren sind.“
Substanzielles Potenzial für die medizinische Forschung sahen auch die ERC-Gutachter*innen. „Das hat mich besonders gefreut, dass sie unseren wissenschaftlichen Ansatz ebenso spannend fanden wie unsere Gruppe“, sagt Grosswendt. „Wir werden unsere Methoden vielfältig anwenden können: auf Modelorganismen, Organoide – also organähnliche Mikrostrukturen – und auf Proben von Patient*innen.“ Genau deshalb passen sie so gut in den gemeinsamen Fokusbereich „Single-Cell-Ansätze für die personalisierte Medizin“ von BIH, Charité und MDC. „Ich bin sehr dankbar für die Unterstützung, die ich im Vorfeld hatte – und meinen PhD-Studierenden, deren erste Datenanalysen bereits in die Bewerbung eingeflossen sind. Wir legen jetzt richtig los.“
Wissenschaftliche Ansprechpartnerin:
Dr. Stefanie Grosswendt
Leiterin der Arbeitsgruppe „Vom Zellzustand zur Funktion“
Gemeinsamer Fokusbereich „Single-Cell-Ansätze für die personalisierte Medizin“ von BIH, Charité und MDC
E-Mail: Stefanie.Grosswendt@mdc-berlin.de