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Joanna Loizou
Krebsforschung und Seuchengeschichte: ÖAW vergibt Mannagetta-Preise für Medizin
Krebs entsteht, wenn DNA-Schäden die herkömmlichen Kontrollmechanismen der menschlichen Zelle blockieren. Doch welche genetischen Interaktionen sind für die DNA-Reparatur und das Überleben der Zellen erforderlich? Wie wirken sich DNA-Schäden und DNA-Reparaturwege auf das menschliche Genom aus? Und kann die DNA-Reparatur beeinflusst werden, um Krebszellen gezielt abzutöten?
DNA-Reparatur auf zellulärer Ebene
Komplexe Systeme zu verstehen und damit den Weg für eine bessere Behandlung von Krebs zu ebnen, ist das Ziel der Molekularbiologin Joanna Loizou. Am Institut für Krebsforschung der Medizinischen Universität Wien untersucht sie mithilfe modernster Methoden der Geneditierung und der chemischen Biologie, wie die DNA-Reparaturwege in unterschiedlichen menschlichen Zelltypen verlaufen. Für ihre herausragenden Leistungen auf dem Gebiet der Erforschung der DNA-Reparatur wird die Molekularbiologin nun von der Österreichischen Akademie der Wissenschaften (ÖAW) mit dem diesjährigen Johann Wilhelm Ritter von Mannagetta-Preis für Medizin ausgezeichnet. Der Preis ist mit 15.000 Euro dotiert.
Joanna Loizou promovierte 2004 im Fach Molekularbiologie an der University of Manchester & MRC Genome Damage & Stability Centre. Nach einer Postdoc-Stelle an der International Agency for Research on Cancer in Lyon, sowie bei Cancer Research UK am London Research Institute, arbeitete sie ab 2011 als Forschungsgruppenleiterin am CeMM –Forschungszentrum für Molekulare Medizin der ÖAW. Seit Februar 2020 ist sie sowohl Leiterin einer Forschungsgruppe am Institut für Krebsforschung der Universitätsklinik für Innere Medizin I als auch Adjunct Principal Investigator am CeMM. Loizou wurde für ihre Forschung vielfach ausgezeichnet, darunter 2019 mit einem Synergy Grant des European Research Council (ERC).
Demenzabwehr und Parkinsonforschung
Neben dem Preis für Medizin vergibt die ÖAW auch einen mit 4.000 Euro dotierten Förderpreis für junge Wissenschaftler/innen, deren Promotion nicht mehr als vier Jahre zurückliegt und die in der medizinischen Forschung tätig sind. Ausgezeichnet werden heuer zwei Forscher: Der Neurowissenschaftler René Seiger, Universität Wien, erhält den Förderpreis für seine hervorragenden Forschungsarbeit zur Detektierbarkeit kortikaler Atrophien, die in der Demenzforschung Anwendung finden. Der Biochemiker David Merle von der Medizinischen Universität Graz wird für seine herausragende Leistung auf dem Gebiet der Strukturbiologie gewürdigt. Er konnte zeigen, dass unstrukturierte Protein-Interaktionen in der Lage sind, strukturell klar definierte Krankheitsprozesse etwa bei Parkinson-Betroffenen auszulösen.
Medizinische Strategien im Umgang mit Seuchen
Noch ein weiterer Mannagetta-Preis wird heuer von der Akademie vergeben: Die Historikerin Sabine Jesner von der Universität Graz erhält den Johann Wilhelm Ritter von Mannagetta-Preis für die Geschichte der Medizin. Der mit 7.000 Euro dotierte Preis wird an Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler bis 45 Jahre für herausragende Publikationen vergeben.
Sabine Jesner hat sich in ihren Forschungen mit den medizinischen Strategien zur Eindämmung von Infektionskrankheiten in der Habsburgermonarchie im 18. Jahrhundert befasst, insbesondere mit der Beulenpest. Dem Militär fiel dabei eine entscheidende Rolle zu, denn die habsburgischen Quarantänestationen an der Grenze zum Osmanischen Reich galten damals als Dreh- und Angelpunkte einer prophylaktischen Seuchenprävention. Jesner beschreibt in ihren Arbeiten, dass sich die medizinischen Kontrollen zwar positiv auf die Gesundheit der Bevölkerung auswirkten, allerdings negative Effekte für die Ökonomie hatten und hohes Konfliktpotential bargen. Zeitgenossen äußerten auch Kritik an den hohen Kosten des Grenzsystems.
Geschichte der Preise
Die Namen der Preise gehen auf Johann Wilhelm Ritter von Mannagetta (1588–1666) zurück. Der Mediziner war mehrmaliger Rektor der Universität Wien. Zudem verfasste er eine Pestordnung und war Leibarzt von Ferdinand II., Ferdinand III. sowie Leopold I. Sein Grab befindet sich im Wiener Stephansdom. Im Jahre 1661 richtete er eine Stiftung ein, die bis heute besteht. Die Johann Wilhelm Ritter von Mannagetta-Stiftung unterstützt die ÖAW bei der Finanzierung von Preisen in der Medizin sowie Stipendien in den Geistes-, Kultur- und Sozialwissenschaften. Die feierliche Übergabe der Preise an die Preisträger/innen wird coronabedingt Anfang 2022 stattfinden.