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Prof. Horst Hahn / Prof. Ron Kikinis
Mehr Synergien für die computergestützte Medizin - Fraunhofer MEVIS hat eine neue Doppelspitze
In der computergestützten Medizin geht es darum, aus den Aufnahmen moderner bildgebender Verfahren möglichst aussagekräftige patientenrelevante Informationen zu gewinnen. Diagnosemethoden wie Ultraschall, CT und Magnetresonanz-Tomographie liefern heute eine Fülle an Rohdaten, deren Analyse ohne die Unterstützung spezieller Computeralgorithmen kaum möglich ist. Sie sorgen dafür, dass die Bilder zuverlässig und schnell dargestellt werden, und helfen den Ärzten, wichtige medizinische Werte präzise zu messen. Auch Therapien werden heute zunehmend durch ausgefeilte Rechnerprogramme unterstützt, etwa wenn Ärzte die optimale Dosis für eine Strahlenbehandlung gegen Krebs ermitteln.
Ron Kikinis ist einer der Pioniere der computergestützten Medizin. 1990 hatte der Mediziner an der Harvard Medical School in Boston das „Surgical Planning Laboratory“ (SPL) gegründet. Erstmals konnten hier interdisziplinäre Teams aus Ärzten, Informatikern und Ingenieuren gemeinsam und unter praxisnahen Bedingungen neue Algorithmen für medizinische Anwendungen entwickeln. „Das SPL war eines der ersten Labors auf diesem Gebiet, das die Grundlagenforschung in ein klinisches Umfeld eingebettet haben“, beschreibt Kikinis. Heute zählen einige der am SPL entwickelten Algorithmen zum Standard in der Bildverarbeitung, etwa in der Magnetresonanz-Tomographie.
Ende der neunziger Jahre rief er das Projekt „3D Slicer“ ins Leben – heute ein weltweit verbreitetes Software-Paket, mit dem sich medizinische Bilder zu Forschungszwecken analysieren und visualisieren lassen. Außerdem steht Kikinis der „National Alliance for Medical Image Computing“ (NA-MIC) vor, dem führenden Netzwerk von US-Forschergruppen in der computergestützten Medizin.
In der Leitungsfunktion in Bremen sieht Ron Kikinis eine neue und reizvolle Herausforderung: „Fraunhofer MEVIS ist das größte unabhängige Forschungszentrum seiner Art auf der Welt und der ideale Ort, um mein Aktivitätsspektrum zu erweitern“, sagt er. „Das Institut ist stark auf den Transfer in die Praxis ausgerichtet, arbeitet eng mit Partnern aus der Industrie zusammen und unterhält zahlreiche Kooperationen mit anderen Forschungsinstitutionen in aller Welt.“ Die von Fraunhofer MEVIS genutzte Software-Plattform MeVisLab, deren Stärken in der industriellen Anbindung liegen, ergänzt in idealer Weise das auf die Forschung ausgerichtete 3D Slicer Software-Paket.
Zusätzlich zu seiner Leitungsfunktion bei Fraunhofer MEVIS hat der promovierte Mediziner eine Professur am Fachbereich Mathematik/Informatik der Universität Bremen inne.
Kikinis, der seine Position in Harvard behält und im Zweimonats-Turnus zwischen Bremen und Boston pendeln wird, will künftig die Forscher aus Europa und den USA enger zusammenbringen und damit neue Synergien schaffen. Auf technologischer Ebene könnte das zum Beispiel bedeuten, dass das Software-Paket "3D Slicer" und die von Fraunhofer MEVIS verwendete Entwicklungssoftware "MeVisLab" künftig enger miteinander verzahnt werden, so dass für prototypische Lösungen die jeweiligen Stärken beider Software-Pakete gemeinsam genutzt werden können.
„Dadurch erhält Fraunhofer MEVIS Zugang zu weiteren wertvollen Forschungsressourcen, die unser Institut ideal ergänzen“, sagt Horst Hahn. Der Physiker und promovierte Informatiker hatte 2009 die Überführung der damaligen „MeVis Research gGmbH“ in ein Institut der Fraunhofer-Gesellschaft maßgeblich mitgestaltet. Seit dem regulären Ausscheiden von Gründungsdirektor Heinz-Otto Peitgen im Oktober 2012 hat Hahn das Institut kommissarisch geleitet und fungiert ab sofort als zweiter Teil der Doppelspitze. Er lehrt als Professor of Medical Imaging an der Jacobs University in Bremen.
Am 4. Juni präsentiert sich Fraunhofer MEVIS anlässlich der neuen Leitung einem fachlich interessierten Publikum mit einem Open House. Von 12 bis 17 Uhr zeigen die MEVIS-Fachleute konkrete Beispiele der Computerunterstützung in der Medizin. Darunter beispielsweise innovative Anwendungen für die Neurologie, die Kardiologie, die minimalinvasive Tumortherapie sowie die Brustkrebs- und Lungendiagnostik. Besucher und Medienvertreter sind dazu herzlich eingeladen, um Voranmeldung wird gebeten.