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PD Dr. Florian Bassermann
Theodor-Frerichs-Preis der DGIM: Selbstmord der Krebszelle als Therapieziel
Mantelzelllymphome entstehen, wenn sich in den Lymphknoten die B-Zell-Lymphozyten, kurz „B-Zellen“, unkontrolliert vermehren. B-Zellen sind ein Typ weißer Blutkörperchen, der Antikörper produziert und bei Gesunden auf diese Weise der Immunabwehr dient. Sie unterliegen bei ihrer Entwicklung in den Lymphknoten jedoch einer strengen Auswahl: Unerwünschte B-Zellen werden über einen komplexen Mechanismus – den sogenannten programmierten Zelltod – zur Selbstzerstörung gezwungen. Wenn diese „Apoptose“ nicht funktioniert, vermehren sich die B-Zellen ungehindert.
Für seine Studien nutzte der 42-jährige Internist Datenbanken, die Genvarianten von Mantelzelllymphomen sammeln. Darin suchte er nach Fehlern auf Genen, die als Auslöser für den Krebs infrage kommen könnten. Auf Chromosom 8 stieß Florian Bassermann auf eine Region, die bei etwa 30 Prozent aller Mantelzelllymphome fehlte. Er fand heraus, dass genau dieser Teil der Erbsubstanz die Informationen für einen Prozess codiert, der den programmierten Zelltod der B-Zelle einleitet. Fehlt diese Information, kann sich die B-Zelle der Apoptose entziehen und zur Krebszelle werden. Maßgeblich sind in dem Vorgang das Enzym „FBXO25“ und das Eiweiß „Hax-1“. Deshalb bezeichnet Dr. Bassermann Hax-1 als Krebsauslöser und FBXO25 als Krebsverhinderer.
In weiteren Versuchen zeigte der Forscher, dass der Verlust von FBXO25 auch die Wirkung von Krebsmedikamenten verringert, die bei Krebszellen den Zelltod auslösen. Zudem führt dies zu einer besonders aggressiven Variante des Mantelzelllymphoms, die rasch tödlich endet. Aus den Erkenntnissen lassen sich neue Behandlungsformen des Mantelzelllymphoms ableiten: Krebszellen erlangten die Fähigkeit zur Apoptose wieder, wenn Bassermann sie mit dem FBXO25-Gen ausstattete. Den gleichen Effekt würde ein Medikament erzielen, dass Hax-1 in den Zellen hemmt.
„Die Erkenntnisse von Dr. Bassermann sind wegweisend für die Krebsforschung und -therapie“, begründet Professor Dr. med. Dr. h.c. Ulrich R. Fölsch, Generalsekretär der DGIM, die Entscheidung der Juroren. „Mit wissenschaftlicher Konsequenz identifizierten die Autoren anhand von Computeranalysen, Experimenten an Zellen, Tierversuchen und menschlichen Gewebeproben einen neuen Mechanismus von bösartigem Lymphkrebs“, so Fölsch.
Der DGIM-Preis ist nach dem Internisten Friedrich Theodor von Frerichs benannt, dem Präsidenten des ersten Deutschen Kongresses für Innere Medizin im Jahr 1882. Mit dem Preis würdigt die DGIM die beste zur Bewerbung eingereichte, möglichst klinisch-experimentelle Arbeit auf diesem Gebiet im deutschsprachigen Raum. Die Fachgesellschaft verleiht die Auszeichnung jährlich im Rahmen der Festlichen Abendveranstaltung ihrer Jahrestagung.
Abstract der Studie:
Baumann U, Fernández-Sáiz V, Rudelius M, Lemeer S, Rad R, Knorn AM, Slawska J, Engel K, Jeremias I, Li Z, Tomiatti V, Illert AL, Targosz BS, Braun M, Perner S, Leitges M, Klapper W, Dreyling M, Miething C, Lenz G, Rosenwald A, Peschel C, Keller U, Kuster B, Bassermann F. Disruption of the PRKCD-FBXO25-HAX-1 axis attenuates the apoptotic response and drives lymphomagenesis. Nature Medicine 2014; 20: 1401-9.
Terminhinweis:
121. Kongress der Deutschen Gesellschaft für Innere Medizin (DGIM)
Molekulare Prinzipien der Inneren Medizin: Aufbruch in eine neue Ära
Termin: 18. bis 21. April 2015
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