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Diagnostik
AWMF informiert über neue EU-Verordnung zu In-vitro Diagnostika (IVDR)
Die Corona-Pandemie hat gezeigt, wie wichtig die In-vitro Diagnostik (IVD) für die Früherkennung und Diagnose von Erkrankungen ist. Denn auch die Corona-Selbsttests basieren darauf, dass Proben aus dem menschlichen Körper auf eine Erkrankung hin untersucht werden. Doch auch für Krankheiten wie Diabetes oder für die Krebsfrüherkennung ist diese unverzichtbar, denn beispielsweise Blutzuckerstreifen zählen ebenfalls zur IVD. Laboruntersuchungen stellen die mit Abstand am häufigsten angewandte diagnostische Methode in der Medizin dar. Die neue EU-Verordnung (IVDR) legt nun europaweit Prozesse für das Inverkehrbringen dieser Diagnostika fest. Während bislang für die meisten Diagnostika vor der Marktzulassung lediglich eine Selbstzertifizierung durch den Hersteller vorgesehen war, müssen die meisten Produkte zukünftig von einer sogenannten Benannten Stelle zertifiziert werden. „Dass zukünftig der größte Teil der industriell hergestellten In-vitro Diagnostika einem externen Zertifizierungsprozess unterliegt, stellt einen wesentlichen Fortschritt dar“, sagt Professor Dr. med. Michael Vogeser, Sprecher der ad-hoc-Kommission In-vitro Diagnostik der AWMF.
Doch die neue IVDR-Verordnung bringt auch Herausforderungen in der Umsetzung mit. Dr. Peter Liese, Abgeordneter des Europäischen Parlaments und Berichterstatter für dieses Thema betonte, dass sich bisher nicht die gesamte Verordnung wie geplant umsetzen lasse, weil etwa die Benannten Stellen noch nicht über ausreichende Ressourcen verfügten. Aus diesem Grund hat das Europäische Parlament und der Rat nun die Übergangsphase für Produkte der höchsten Risikoklasse bis Mai 2025 verlängert – auch die Corona-Selbsttests fallen hierunter. Bisher reicht hier eine Selbstzertifizierung der Produkte durch die Hersteller aus. „Eine rasche Umsetzung der Verordnung wäre insbesondere hier wünschenswert gewesen, um zeitnah dafür zu sorgen, dass nur noch zuverlässige Tests auf den Markt kommen, denn wir sind jetzt inmitten der Pandemie“, sagt Professor Dr. med. Rolf-Detlef Treede.
Neue Regelungen gibt es auch für In-vitro Diagnostika aus Eigenherstellung, die insbesondere bei seltenen Erkrankungen eine wichtige Rolle spielen. Häufig gibt es dafür keine kommerziell verfügbaren Diagnostika, weshalb Labore an Kliniken oder Instituten eigene IVD entwickeln. Die neue Verordnung sieht vor, dass kommerzielle Verfahren angewendet werden müssen, sobald gleichartige Produkte auf dem Markt verfügbar sind. Eigenständig entwickelte Verfahren müssten dann eingestellt werden. „Diese Regelung steht im Widerspruch zur freien Methodenwahl der Ärztin beziehungsweise des Arztes“, so Professor Dr. med. Dr. med. dent. Henning Schliephake, stellvertretender Präsident der AWMF. „IVD aus Eigenherstellung fördern außerdem die Innovation im Bereich der Universitätsmedizin und müssen auch zukünftig mit vertretbarem Aufwand einsetzbar sein. Investitionen in solche Verfahren wären nach den aktuellen Bestimmungen von vornherein nutzlos, da sie jederzeit durch ein kommerzielles Verfahren auf dem Markt abgelöst werden könnten“, so Schliephake. Hier müsse bei der Umsetzung der Verordnung Augenmaß gewahrt werden, wofür durch die Übergangsregelung noch bis Mai 2028 Zeit bleibt.
„Insgesamt müssen die Chancen, die sich aus der Umsetzung der IVDR ergeben, genutzt werden und Risiken minimiert werden. In diesem Prozess werden wir als ad-hoc-Kommission In-vitro Diagnostik der AWMF die Labore weiterhin unterstützen. Auch den einzelnen Fachgesellschaften kommt eine wichtige Rolle bei der weiteren Umsetzung der IVDR zu“, so Vogeser abschließend.