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Asklepios Klinik Barmbek
Mediziner bekämpfen Lebertumoren lokal mit Chemosaturation-Therapie
In Barmbek wird diese technisch besonders aufwändige Chemotherapie in enger Zusammenarbeit zwischen den Fachabteilungen Radiologie (Chefarzt Prof. Dr. Roland Brüning), Onkologie (Chefarzt Dr. Axel Stang) und Viszeralmedizin (Chefarzt Prof. Dr. Karl J. Oldhafer) durchgeführt.
Den entscheidenden Vorteil der neuen Therapie erläutert Prof. Dr. Roland Brüning, Chefarzt der Radiologie der Asklepios Klinik Barmbek: „Im Gegensatz zur herkömmlichen Chemotherapie können wir hier eine wesentlich höhere Dosierung einsetzen – denn die Therapie wirkt lokal begrenzt; praktisch nur die Leber kommt in Kontakt mit der chemotherapeutischen Substanz.“ Danach werden die eingesetzten Medikamente mithilfe eines Filtersystems wieder aus dem Körper entfernt. Ermöglicht wird dies durch ein spezielles Kathetersystem, das einen geschlossenen Blutkreislauf mit der Leber hergestellt (siehe Titelbild).
Zum Hintergrund: Der Leberkrebs ist zwar eine relativ seltene Erkrankung, gehört jedoch aufgrund seiner schlechten Prognose zu den zehn häufigsten Todesursachen. Bislang überleben laut Statistik (Robert Koch-Institut) nur etwa zehn Prozent der Erkrankten die ersten fünf Jahre nach der Diagnose. Nur beim Bauchspeicheldrüsenkrebs sind die Heilungsaussichten und damit Überlebensraten noch schlechter. Bundesweit gibt es laut Deutscher Krebshilfe jährlich rund 8.400 neue Fälle von Leberkrebs; fast die gleiche Anzahl verstirbt pro Jahr an dem Leiden. Männer sind dabei etwa doppelt so häufig betroffen wie Frauen.
So wirkt die neue Therapie gegen Leberkrebs
Lebertumoren treten direkt in der Leber oder als Tochtergeschwulste von Krebserkrankungen anderer Organe, insbesondere des Magen-Darm-Traktes, auf. Gut abgegrenzte Tumoren können operativ entfernt werden; große oder verstreute Herde werden üblicherweise mit einer Chemotherapie behandelt. Es kommt allerdings vor, dass Metastasen nicht auf die herkömmliche Chemotherapie ansprechen. Dann kann die vom US-amerikanischen Pharma- und Medizintechnik-Unternehmen Delcath entwickelte Chemosaturation eine echte Alternative bieten. Die Leber ist zur Chemosaturation-Therapie sehr gut geeignet, da die spezielle Anatomie die nahezu vollständige Isolation des Organs vom Körperkreislauf ermöglicht. Hierzu wird ein Katheter in die untere Hohlvene eingeführt. Er besitzt zwei Ballons, die von außen gefüllt werden und so die Lebervenen nach unten und oben verschließen. Auf diese Weise wird die Leber vom restlichen Blutkreislauf isoliert. Über einen weiteren Katheter in der Leberarterie leiten die Mediziner das Chemotherapeutikum dann in die Leber. Eine Pumpe saugt im Anschluss das chemotherapeutisch behandelte Blut in den perforierten Verbindungsschlauch der beiden Isolationsballons. Von hier wird es über den Katheter in ein Filtergerät außerhalb des Körpers geleitet und dort gereinigt, bis alle eingesetzten Chemikalien entfernt wurden und das gereinigte Blut der oberen Hohlvene wieder zugeführt wird.
„So kommen andere Organe fast nicht mit den Zytostatika in Berührung, was eine höhere Dosierung der Chemotherapie ermöglicht und gleichzeitig Nebenwirkungen deutlich minimiert“, erklärt Prof. Brüning, der das Verfahren erstmals im Oktober in der Asklepios Klinik Barmbek einsetzte. Vorausgegangen waren intensive Vorbereitungen und Trainings mit Experten aus Amsterdam und Frankfurt, die bereits mit dem Verfahren vertraut sind. Die Patientin – eine 38-Jährige Norddeutsche, bei der die reguläre Chemotherapie keine Wirkung zeigte – konnte die Klinik bereits am dritten Tag nach Anwendung des Verfahrens wieder verlassen. Ihr geht es derzeit gut.
Nach dem gelungenen ersten Einsatz ist die Asklepios Klinik Barmbek nun auf dem Weg, norddeutsches Referenzzentrum für das innovative Verfahren zu werden. Ein logischer Schritt, da die Klinik durch das Viszeralmedizinische Zentrum aus Allgemeinchirurgie, Onkologie und Gastroenterologie ohnehin über große Expertise in der Behandlung von Lebermetastasen und Lebertumoren verfügt. In speziellen Tumorboards (Fallkonferenzen) beraten hier Vertreter aller beteiligten Fachbereiche das individuell beste Vorgehen für jeden Patienten – und somit auch die Frage, ob das neue Verfahren eine Alternative bieten kann. Derzeit ist die Chemosaturation, deren Einsatz aktuell nur im Einzelfall von den Krankenkassen bezahlt wird, noch selten das Mittel der Wahl – aber ein erfolgversprechender Ansatz für Patienten, denen mit anderen Therapieoptionen nicht geholfen werden kann.