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  • von Thomas Heckmann

Speiseröhrenkrebs

MHH bietet minimalinvasive Operation

Professor Dr. Jürgen Klempnauer, Direktor der MHH-Klinik für Allgemein-, Viszeral- und Transplantationschirurgie, Chirurg Dr. Nikos Emmanouilidis und Patient Wolfgang E. (von links nach rechts). Foto: "MHH/Kaiser“.
Professor Dr. Jürgen Klempnauer, Direktor der MHH-Klinik für Allgemein-, Viszeral- und Transplantationschirurgie, Chirurg Dr. Nikos Emmanouilidis und Patient Wolfgang E. (von links nach rechts). Foto: "MHH/Kaiser“.

MH Hannover bietet als eine der wenigen Kliniken bundesweit minimalinvasive Operation bei Speiseröhrenkrebs an, Speiseröhrenkrebs. Patienten genesen schneller und haben nach dem Eingriff weniger funktionelle Probleme

Jedes Jahr erkranken in Deutschland rund 6000 Menschen neu an Speiseröhrenkrebs. Zur Therapie gehört fast immer eine Operation, die mehrere große Schnitte an Bauch und Rumpf erfordert, was ein beträchtliches operatives Trauma für die Patienten darstellt und nach dem Eingriff häufig mit Komplikationen und funktionellen Spätfolgen verbunden ist. An der Medizinischen Hochschule Hannover (MHH) gibt es dazu eine Alternative. Dabei operiert der Chirurg nicht offen, sondern laparoskopisch und thorakoskopisch, also über nur wenige kleine Schnitte und mit Hilfe eines Videosystems, das eine freie Einsicht in den Bauch- und Brustraum ermöglicht. Diese Technik wird als minimalinvasive Chirurgie oder auch „Schlüsselloch-Chirurgie“bezeichnet. Dr. Nikos Emmanouilidis, Chirurg an der MHH-Klinik für Allgemein-, Viszeral- und Transplantationschirurgie, hat sie auch für die Tumoren der Speiseröhre (Ösophagus) an der MHH etabliert.

Die chirurgische Entfernung des Tumors und dem betreffenden Teil der Speiseröhre ist zentraler Bestandteil der multimodalen Therapie bei Speiseröhrenkrebs. „Die chirurgische Entfernung des Tumors und der Lymphknoten sollte in jedem Falle angestrebt werden. Denn nur so läßt sich die Prognose des Patienten deutlich verbessern“, erklärt Dr. Emmanouilidis, der seit 2010 gemeinsam mit Professor Dr. Michael Winkler in der Klinik das Team „Oberer Gastro-Intestinal-Trakt“ leitet. Aus feingeweblichen Untersuchungen sei bekannt, dass nach alleiniger kombinierter Bestrahlung und Chemotherapie lebende Tumorzellen zurückbleiben und der Tumor nach einer Zeit wieder zurückkehrt. „Die beste Aussicht den Krebs zu überleben besteht dann, wenn zusätzlich zu einer Vorbehandlung durch Bestrahlung und/oder Chemotherapie am Ende eine komplette chirurgische Entfernung des Tumors durchgeführt wird“, sagt Dr. Emmanouilidis. 

Professor Dr. Jürgen Klempnauer, Direktor der MHH-Klinik für Allgemein-, Viszeral- und Transplantationschirurgie betont, dass seine Klinik als eine der wenigen in Deutschland die minimalinvasive Operation bei Speiseröhrenkrebs anbieten kann. „Dr. Emmanouilidis hat auch Patienten mit hoch-thorakalen Plattenepithelkarzinomen, die in minimalinvasiver Technik allgemein als inoperabel galten, mit diesem schonenden Verfahren erfolgreich operiert. Im Gegensatz zum herkömmlichen Verfahren bei Speiseröhrenkrebs ergibt sich dadurch für die Patienten eine wesentlich angenehmere, schmerzfreiere und kürzere Behandlung ihrer Erkrankung.“ 

Während der minimalinvasiven OP entfernt der Chirurg zunächst die Speiseröhre mit dem Tumor und die umliegenden Lymphknoten. Anschließend spaltet er den Magen und bildet aus einem Teil dieses Organs eine Ersatzspeiseröhre. Diese zieht er in den Brustraum hoch und schließt sie an den oberen Speiseröhrenstumpf an. Für den Eingriff sind in der Regel nur fünf bis sechs kleine Öffnungen im Bauch- und Brustraum nötig, um die Operationsinstrumente einzuführen. Dazu kommt eine etwas größere Öffnung zwischen den Rippen, durch die der Chirurg die Speiseröhre entfernt. Große Schnitte wie bei der herkömmlichen OP-Methode gibt es nicht. Das hat viele Vorteile für die Patienten. „Sie erleben ein viel kleineres operatives Trauma“, erläutert Dr. Emmanouilidis. „Weder die Bauch- noch die Rumpfmuskulatur werden durchtrennt und auch die bei dem herkömmlichen Verfahren oft auftretenden Brüche und Ausrenkungen der Rippen entfallen.“ Durch das schonendere Vorgehen können die Patienten nach der OP die Intensivstation schneller verlassen, sind schneller beweglich und haben auch im späteren Verlauf weniger funktionelle Probleme. Unter onkologischem Aspekt ist die minimalinvasive Operation der offenen Operation absolut ebenbürtig, da der Tumor ebenfalls komplett und die gleiche Anzahl an Lymphknoten entfernt werden.

Seit 2005 ist die minimalinvasive Chirurgie und im Besonderen die des oberen Gastro-Intestinal-Trakts das Spezialgebiet von Dr. Emmanouilidis. Die minimalinvasive Ösophagektomie mit Magenhochzug praktiziert er seit 2010. Dabei kann er nicht nur Adenokarzinome, die im unteren Teil der Speiseröhre sitzen, sondern auch Plattenepithelkarzinome sicher entfernen. Bisher hat Dr. Emmanouilidis insgesamt 28 Patienten, darunter auch 15 Patienten mit dem häufigeren Plattenepithelkarzinom, erfolgreich nach dem neuen Verfahren operiert. Zu den Patienten von Dr. Emmanouilidis gehört auch Wolfgang E. aus Lauenau. Der 65-Jährige bekam im September 2012 eine Ersatzspeiseröhre. „Durch einen Zufall habe ich von der Möglichkeit des minimalinvasiven Eingriffs gehört und bin froh, dass mir die große offene Operation erspart geblieben ist“, sagt er. Außer der Speiseröhre mit einem Adenokarzinom wurden bei ihm 46 Lymphknoten entfernt. Glücklicherweise war keiner der Lymphknoten von Krebszellen befallen. Roswitha K. aus Bielefeld hatte sich im März 2012 ebenfalls für einen minimalinvasiven Eingriff entschieden. „Ich bin hundertprozentig damit zufrieden, wie alles gelaufen ist, sowohl bei der Operation als auch bei den Arztgesprächen davor und danach.“

Spezial-Sprechstunde:
Für Patienten mit Erkrankungen der Speiseröhre und des Magens gibt es in der Viszeralchirurgischen Poliklinik der MHH eine Spezial-Sprechstunde. Interessierte können unter Telefon (0511)532-2032 einen Termin vereinbaren. Die Befunde der Tumorpatienten werden von Gastroenterologen, Radiologen, Strahlentherapeuten und Chirurgen gemeinsam bewertet. Mit Hilfe festgelegter Standards und orientiert an den Leitlinien entwickelt dann dieses Expertengremium gemeinsam eine für jeden Patienten maßgeschneiderte Behandlungsstrategie. „Diese interdisziplinäre Kooperation und das hervorragende OP-Team sind wichtige Teile des Erfolgsrezepts“, sagt Dr. Emmanouilidis.


Fortbildung:
Am 13. März 2012 um 17 Uhr findet in der MHH eine umfangreiche interdisziplinäre Fortbildungsveranstaltung für Ärzte zum Thema Speiseröhrenkrebs statt. Zu den Referenten gehört neben anderen auch Dr. Nikos Emmanouilidis, der das minimalinvasive OP-Verfahren vorstellen wird. Anmeldung unter Telefon (0511) 532-9402 oder 
schoel.mirjam@mh-hannover.de

Weitere Informationen

Dr. Nikos Emmanouilidis
Klinik für Allgemein-, Viszeral- und Transplantationschirurgie
Medizinische Hochschule Hannover
Telefon (0511) 532-2122
emmanouilidis.nikos@mh-hannover.de 

Quelle: Pressemeldung der Medizinischen Hochschule Hannover, 31.01.2013 (tsc)

05.10.2024, 20:52 | vth

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