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Universitätsklinikum Würzburg
WHO-Vorsorgezentrum für Strahlenunfälle am Uniklinikum Würzburg erneut akkreditiert
Durch engagierte Nuklearmediziner, wie Prof. Christoph Reiners und seinen Amtsvorgänger Prof. Wilhelm Börner, hat das Universitätsklinikum Würzburg (UKW) eine seit den 1960er Jahren gewachsene Kompetenz bei der Erforschung, Vorsorge und Behandlung von Strahlenunfällen. Diese Expertise führte im Jahr 2005 dazu, dass die Würzburger Klinik und Poliklinik für Nuklearmedizin zum WHO REMPAN Kollaborationszentrum ernannt wurde.
Die WHO ist die aus den Medien allgemein bekannte Weltgesundheitsorganisation und REMPAN steht für „Radiation Emergency Preparedness and Assistance Network“, also für ein weltweites Netzwerk zur medizinischen Vorsorge und Hilfe bei Strahlenunfällen. „Die Mitglieder im Netzwerk sind allesamt international führende Einrichtungen, die auf unterschiedliche Bereiche des Strahlenunfallmanagements spezialisiert sind“, berichtet Dr. Rita Schneider, die das Würzburger Zentrum zusammen mit Prof. Christoph Reiners, dem Ärztlichen Direktor des UKW leitet. Sie gehören damit zu einem exklusiven Kreis: Auf der ganzen Welt gibt es aktuell nur zehn WHO REMPAN Kollaborationszentren und das Würzburger Großkrankenhaus stellt den einzigen deutschen Vertreter. Vor wenigen Wochen hat die Weltgesundheitsorganisation nach einer turnusgemäßen Neubewertung das Würzburger Zentrum für weitere vier Jahre akkreditiert.
Vorsorge und Management von Strahlenunfällen
Eine der Kernaufgaben des Kollaborationszentrums ist es, die Vorsorge und das Management radiologischer und nuklearer Unfälle fachlich zu unterstützen. Das beginnt bei Strahlenunfällen mit vergleichsweise wenig Betroffenen, wie sie beim fehlerhaften Umgang mit radioaktiven Stoffen in der Medizintechnik oder der Industrie auftreten können. Aber auch großflächige Szenarien, wie Störfälle in Kernkraftwerken oder Unfälle beim Wiedereintritt von atomgetriebenen Satelliten in die Erdatmosphäre, werden berücksichtigt. „Während diese Gefahren – ähnlich wie nukleare militärische Auseinandersetzungen zum Glück relativ unwahrscheinlich sind, müssen wir heute zunehmend die Möglichkeit von Terroranschlägen mit radioaktivem Material in Betracht ziehen“, unterstreicht Prof. Reiners.
Richtlinien überarbeiten, Wissen verbreiten
Ein wissenschaftlicher Schwerpunkt der von ihm bis zum Jahr 2011 geführten Würzburger Klinik und Poliklinik für Nuklearmedizin ist der strahleninduzierte Schilddrüsenkrebs. „Diese Expertise bringen wir über das Kollaborationszentrum zum Beispiel bei der derzeit laufenden Überarbeitung der WHO-Richtlinien zur Iod-Blockade nach nuklearen Unfällen ein“, schildert Prof. Reiners. Weiterhin engagiert sich das Zentrum in der Aus- und Weiterbildung. So entwickelte Dr. Schneider ein Curriculum zur Fortbildung von Notärzten im präklinischen Strahlenunfallmanagement; ein E-Learning-Programm zur Strahlenunfallvorsorge ist derzeit in Arbeit.
Eine Anerkennung der geleisteten Arbeit
Unter finanziellen Gesichtspunkten ist das Betreiben des WHO-Vorsorgezentrums für das Uniklinikum Würzburg nicht sonderlich lukrativ: Von der WHO fließen dafür keine Gelder, die Finanzierung muss im Wesentlich über selbst eingeworbene Forschungsprojekte gesichert werden. Hoch ist jedoch der Informations- und Prestigegewinn. „Durch das Zentrum sind wir am Puls der internationalen Entwicklung. Wir helfen mit, die Konzepte der Weltgesundheitsorganisation zu gestalten und national umzusetzen. Dabei können wir unsere Forschungsergebnisse, zum Beispiel zum Schilddrüsenkrebs nach Tschernobyl, weltweit publik machen“, betont Dr. Schneider. Und Prof. Reiners ergänzt: „Die erneute Akkreditierung ist nicht zuletzt ein Zeichen der Anerkennung für unsere geleistete Arbeit – konkret während der letzten vier Jahre, aber auch generell für das in den letzten 50 Jahren in Würzburg aufgebaute Expertenwissen.“