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SRH Waldklinikum Gera
Zwei Drittel der Frauen nutzen in Ostthüringen Brustkrebs-Screening
Die Zahlen sprechen für sich: „Bei sechs von 1000 Frauen wurde im Screening der letzten Jahre frühzeitig Brustkrebs entdeckt. Damit steigen die Heilungschancen, mehr Frauen werden brusterhaltend operiert und die Notwendigkeit einer Chemotherapie sinkt um knapp die Hälfte.“ Dr. Dirk-Michael Zahm, Leiter des Brustzentrums Ostthüringen und Chefarzt am SRH Wald-Klinikum Gera, hält die jüngste Statistik des Tumorzentrums Ostthüringen in der Hand. Seine Empfehlung ist klar: „Für mich ist es keine Frage, Frauen sollten das Screening-Angebot nutzen.“
Brustkrebs ist in Deutschland die häufigste Krebserkrankung bei Frauen. Dank des aufwändigen Screenings sollen die Früherkennungsraten steigen. Beim Mammographie-Screening, einem freiwilligen Testverfahren, das in Deutschland flächendeckend angeboten wird, wird die Brust geröntgt. Die Auswertung der Daten obliegt spezialisierten Ärzten. Eine Alternative, um den Tumor schon im Kleinststadium von 3 Millimetern zu erkennen, gibt es bislang nicht. Dr. Dirk-Michael Zahm begleitet das Programm seit 2007. Und die ersten Jahre sind für ihn bereits ein Erfolg.
350 000 Frauen im Alter von 50 bis 69 Jahren sind seither in Süd-Ost-Thüringen mit den Zentren Meiningen, Jena und Gera der Einladung zum Mammographie-Screening gefolgt. Bei 2050 von ihnen entdeckten die Ärzte Brustkrebs. „In der Regel weitaus früher als es ohne Screening geschehen wäre“, sagt Dr. Zahm. Das ist das größte Plus des Programms: Je kleiner das Tumorstadium, um so größer die Heilungs- und Überlebenschancen.
Die Geraer Zahlen belegen das: Bei 20 Prozent der auffälligen Befunde handelte es sich um so genannte Krebsvorstufen. Werden diese Patientinnen behandelt, liegt der Therapieerfolg bei nahezu 100 Prozent. Von Tumoren, die bereits in umliegendes Gewebe streuten, waren wiederum 40 Prozent kleiner als zehn Millimeter, 52 Prozent noch immer kleiner als 15 Millimeter. Zum Vergleich: Knoten, die durch Tasten entdeckt wurden, sind in der Regel bereits zwischen 15 und 20 Millimeter groß.
Mit der Früherkennung sinken zugleich die Nebenwirkungen der Behandlung. Früherkennung bedeutet eine größere Chance auf Brusterhaltung, ein besseres Lebensgefühl und einen kürzeren Krankenhausaufenthalt. So erhielten 91 Prozent der Frauen, deren Erkrankung im Screening entdeckt wurde, eine Brusterhaltende Operation; ohne Screening war das nur für 76 Prozent der Patientinnen möglich.
Bei 78 Prozent der Frauen, die am Screening teilnahmen, hatte der Krebs noch nicht das Lymphknotensystem befallen. Wird der Krebs ohne Früherkennung entdeckt, liegt die Zahl deutlicher geringer, bei 57 Prozent. Inwieweit das Programm die Brustkrebssterblichkeit tatsächlich senkt, wird sich statistisch erst nach einer längeren Zeitspanne sagen lassen. 2018 wird es für Deutschland belastbare Zahlen geben. „Eines steht jedoch schon heute fest: 21 Prozent weniger Lymphknotenbefall heißt 21 Prozent weniger Lymphknotenentfernung, da bei Tumorfreiheit nur der Wächterlymphknoten entfernt wird und somit die Belastungseinschränkung für den betroffenen Arm entfällt“, sagt Dr. Zahm.
Unterdessen stößt das Screening aber auch auf kritische Töne. Denn es kann auch sein, dass sich ein auffälliger Befund nach einer Gewebeprobe als gutartig herausstellt. Das bedeutet für viele Frauen bis zur Abklärungsuntersuchungen eine psychische Belastung, die im Nachhinein betrachtet, unnötig war. Genauso kann es sein, dass eine Gewebeveränderung gefunden und behandelt wird, die niemals Probleme bereitet hätte. „Es gibt kein Messverfahren, das sagen kann, ob und wann ein Tumor wächst“, sagt Dr. Zahm. Im Zweifelsfall spricht sich der Experte für die sichere Lösung, eine Entfernung aus.
Bei den Frauen selbst kommt die Idee des Screening übrigens sehr gut an, 68 Prozent der Eingeladenen nehmen die Untersuchung wahr. Damit ist die Region einer der Vorreiter, im Bundesdurchschnitt liegt die Akzeptanz bei 54 Prozent.