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DEGRO
Patientenbeteiligung in der Radioonkologie
„Patientenpartizipation bedeutet, Patientinnen und Patienten zu befähigen, zusammen mit den Behandlern eine informierte Therapieentscheidung zu treffen. Bekannt ist, dass Betroffene, die informiert sind, ein besseres Outcome haben, das gilt gerade für Krebspatientinnen und -patienten“, erläutert Professor Thomas Hehr, Stuttgart, Präsident des 28. Kongresses der Deutschen Gesellschaft für Radioonkologie und verweist auf das Patientenbeispiel Christine H. (Erfahrungsbericht im Anhang).
Wie der Experte herausstellt, geht es dabei aber noch um mehr als um unabhängige, evidenzbasierte Informationen, die laienverständlich aufbereitet sind, wie z.B. die Patientenleitlinien. „Diese sind ohne Frage wichtig, doch es geht letztlich auch um eine wechselseitige Kommunikation zwischen Ärztinnen/Ärzte und Patientinnen/Patienten und um gegenseitiges Lernen.“ Die Radioonkologie integriert das bereits in ersten Projekten, sie will individuell zuhören und möchte strukturiertes Feedback einholen. Die Fragen, die perspektivisch wissenschaftlich ausgewertet werden sollen, lauten: „Wie sieht aus Sicht der Betroffenen eine gute Arzt-Patienten-Kommunikation aus?“, „Was muss verbessert werden?“, „Was können Apps in diesem Kontext leisten?“, „Was erwarten Patientinnen/Patienten von Studien?“, „Hat es einen Mehrwert für Betroffene, wenn sie bei der Konzeption und Durchführung der Studien eingebunden werden?“.
„Gerade in dem Bereich Studien sehen wir uns als Vorreiter. Die HypoFocal-SBRT-Studie, eine große Studie zur Strahlentherapie bei Prostatakrebs, lief mit Patientenbeteiligung. Studienziele waren u.a. weniger Nebenwirkungen und die Verbesserung der Lebensqualität. Natürlich ist eine solche Studie auf das Feedback der Teilnehmer angewiesen, gerade die Lebensqualität ist etwas sehr individuelles, wir können nicht sagen, bloß weil Patient A keine klinisch erfassbaren Nebenwirkungen hat, geht es ihm unter der Therapie gut“, erklärt der Stuttgarter Experte.
Auch außerhalb von Studien, im klinischen Alltag, wünscht sich der Radioonkologe Hehr eine enge Anbindung der Patientinnen und Patienten. Digitale Helfer, wie Apps, stellen dafür eine Chance dar. „Es gibt Daten, die zeigen, dass seltener Notfallaufnahmen erfolgen, wenn eine enge Kommunikation zwischen den Betroffenen und Behandlern stattfindet – und dieses Potenzial sollten wir ausschöpfen.“ Allerdings müsse man auch akzeptieren, wenn Patientinnen und Patienten gegen-über eine digitalen Anbindung nicht offen sind. Wie eine auf dem Kongress vorgestellte Erhebung zeigte, möchten nur 30% der Betroffenen eine Anbindung via App nutzen. Doch die Sorge, dass die digitale Kommunikationstechniken Ärzte und Patienten entfremden könnte, teilt Prof. Hehr nicht. „Im Gegenteil, heute nutzen wir diese Technik schließlich, um die Patienten zusätzlich zum persönlichen Arzt-Patienten-Gespräch anzubinden und in jeder Situation den Austausch zwischen Arzt und Patient zu ermöglichen. Wir wollen die persönlichen Gespräche nicht ersetzen.“
Das Gespräch auf Augenhöhe ist dem Experten wichtig – wie auch der DEGRO. Daher sind Patientinnen und Patienten am Kongress beteiligt und auch zu Vorträgen vor den Expertinnen und Experteneingeladen. Es gehe um einen strukturierten Austausch von Selbsthilfegruppen mit den Radioonkologinnen und -onkologen, so Hehr. „Wir möchten zusammen daran arbeiten, die Kommunikation zu verbessern, ambulante oder stationäre Abläufe zu optimieren, Methoden zu finden, um das Patient Reported Outcome/PRO in der Radioonkologie genauer zu erfassen und gemein-sam Studienprotokolle zu entwickeln. Kurz gesagt: Wir sehen die Betroffenen als wichtige Sparringpartner, um die Versorgung weiter zu verbessern.“