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Deutsche Hochschulmedizin e.V.
Private Ärzteausbildung: Ist wirklich keiner zuständig?
Sie dienen u.a. der Gründung von Medical Schools als Gesellschaften mit beschränkter Haftung zur Ärzteausbildung. Nach einer nichtuniversitären Ausbildung am Krankenbett sollen die Absolventen später die Urkunden der ausländischen Hochschulen erhalten. „Dies führt in der Folge dazu, dass Ärztinnen und Ärzte nicht mehr nach bundesweit einheitlichen Qualitätskriterien ausgebildet werden“, warnt Professor Heyo Kroemer, Präsident des MFT Medizinischen Fakultätentages. „Bisher gibt es weder von den für die Universitäten zuständigen Wissenschaftsministerien noch von den für die Approbation zuständigen Gesundheits- oder Sozialministerien offizielle Äußerungen. Inoffiziell hört man, es ginge ja nicht um deutsche Hochschulgrade.“
Über die privaten Medical Schools gibt es nur unzureichende Informationen. Wer ist der Träger? Was ist Gegenstand der Kooperation mit den Krankenhäusern? Wie ist die Qualifikation des Lehrpersonals? Welche Infrastrukturen sind für Forschung und Lehre vorhanden? Wie erfolgt die Qualitätssicherung? Was sind die Rechtsgrundlagen für den Studienbetrieb und die spätere Anerkennung der Abschlüsse? Die Antworten auf diese Fragen sind essentielle Voraussetzungen für Studienbewerber, die ein berechtigtes Interesse an einer zugleich praxisorientierten wie forschungsbasierten Ausbildung auf modernem Stand der Medizin und ihrer Grundlagenfächer haben.
Sind den Regierungen die Hände gebunden?
Die privaten Medical Schools berufen sich zum einen auf die Niederlassungsfreiheit innerhalb der EU, wonach ein freier Zutritt zum deutschen Bildungsmarkt gegeben sei. Diese Möglichkeit besteht für rechtlich unselbstständige Zweigniederlassungen ausländischer Hochschulen. Bei den Franchising-Konstrukten wurden jedoch rechtlich selbstständige Gesellschaften als Träger für die Ärzteausbildung gegründet. Für diese Fälle sieht die EU-Berufsanerkennungsrichtlinie eine erweiterte Kontrolle vor, ob die Ausbildung den Anforderungen der Hochschule des Ausstellungsstaates wirklich entspricht. Anscheinend wollen aber manche Bundesländer davon nichts wissen.
Zum anderen verweisen die Betreiber der Franchising-Modelle darauf, dass der Aufnahmestaat verpflichtet sei, die Approbation zum Arzt beim Nachweis von Studienabschlüssen von Universitäten aus anderen EU-Mitgliedsstaaten zu erteilen. Doch folgt aus der Berufsanerkennungsrichtlinie keine Pflicht, die Approbation nach § 3 der Bundesärzteordnung unbesehen zu erteilen. Denn der Ausstellungsstaat ist an die Mindestvoraussetzungen eines Medizinstudiums mit theoretischem und praktischem Unterricht an einer Universität und/oder praktischem Unterricht unter Aufsicht einer Universität gebunden. Das Studium an einer Universität bedeutet wissenschaftliche Lehre durch dafür mit Qualifikationsnachweisen ausgewiesene Hochschullehrer, ein entsprechendes Fächerangebot und eine Forschungsinfrastruktur. Dies ist im Rahmen richtlinienkonformer Auslegung auch bei der Erteilung der Approbation von den zuständigen Stellen der Bundesländer zu beachten.
Approbationen dürfen nicht erteilt werden
Wenn - wie geschehen - in Österreich eine Hochschule von der Akkreditierungsagentur in Wien ohne jegliche forschungsbasierte Lehre zur Ärzteausbildung zugelassen wird, entspricht das nicht den EU-Vorgaben. Eine Hochschule ohne Promotions- und Habilitationsrecht ist keine Universität. Abschlüsse von solchen Einrichtungen dürfen in Deutschland nicht als Arztdiplome anerkannt werden. „Im Interesse der Patienten und der Studierenden muss die Ausbildung mit gleichwertigen Qualitätsanforderungen an ein wissenschaftliches Universitätsstudium stattfinden“, fordert der MFT-Präsident Heyo Kroemer. „Dies für das Studium zu gewährleisten, ist Aufgabe der Wissenschaftsministerien, für die Approbation ist es Aufgabe der Gesundheitsministerien“, erklärt Professor D. Michael Albrecht, Vorsitzender des Verbandes der Universitätsklinika (VUD).
Bundesländer sind in der Pflicht
Soweit Franchising-Projekte in Kooperation mit nichtstaatlichen Einrichtungen des Inlandes angeboten werden, hat die Kultusministerkonferenz schon im Jahr 2008 eine zusätzliche inländische Akkreditierung verlangt. „Dieser Empfehlung sind bisher allerdings nur vier (Baden-Württemberg, Brandenburg, Niedersachsen und Nordrhein-Westfalen) von 16 Ländern nachgekommen. In Übereinstimmung damit hat die Hochschulrektorenkonferenz (HRK) in ihren Empfehlungen vom 19.11.2013 Qualitätssicherungsmaßnahmen für das innerstaatliche und grenzüberschreitende Franchising verlangt“, erläutert Professor Georg Sandberger als Mitglied der für die Vorbereitung der Empfehlungen eingesetzten HRK-Arbeitsgruppe. Diesen Forderungen schließt sich die Deutsche Hochschulmedizin an. „Es besteht nach geltendem Recht eine klare Aufsichtsverantwortung der Wissenschafts- und Gesundheitsministerien der Länder und somit Handlungsbedarf“, so der VUD-Vorsitzende D. Michael Albrecht.
Hochschulmedizin für transparenten Wettbewerb
„Es wäre zu begrüßen, wenn die privaten Medical Schools sich den für inländische Einrichtungen geltenden Qualitätsstandards stellen und durch den Wissenschaftsrat akkreditieren lassen würden. Wir brauchen einen transparenten Wettbewerb und keine Verordnungen, die ein undurchsichtiges Rennen um immer geringere Standards erzeugen“, gibt Heyo Kroemer zu be-denken. Ist das Vertrauen der Bürger in die staatliche Daseinsvorsorge erst einmal zerstört, wird es so schnell nicht wieder aufgebaut werden können.