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Universitätsmedizin Mannheim
Europaweites Register von CML-Patienten offenbart Wirksamkeit der Therapien und Handlungsbedarf
Das Register bietet erstmals einen europaweiten Überblick über Häufigkeit, Behandlung und Behandlungsergebnisse der CML und lässt entsprechend eine Analyse im europäischen Vergleich zu. In einem zweitägigen Symposium, das heute, am Freitag, den 26. Juni 2015 in Mannheim beginnt, stellen Akteure aus verschiedenen europäischen Ländern die Resultate des europaweiten CML-Registers vor.
Hohe Überlebensraten kommen einer Heilung nahe
Das Register wurde in Zusammenarbeit von Europäischem LeukemiaNet (ELN) und Novartis über acht Jahre hinweg aufgebaut. Es unterteilt sich in die Langzeitdaten von etwa 4.000 Patienten, die von 2002 bis 2006 über nationale Studien und Register in 14 europäischen Ländern rekrutiert wurden, und zusätzlich Daten von etwa 3.000 Patienten, die seit 2010 in 27 europäischen Ländern auf Bevölkerungsbasis registriert wurden. Das bevölkerungsbezogene Register zeigt, dass die Häufigkeit (Inzidenz) der CML regional zwischen 5 und 15 Patienten pro einer Million Einwohner und Jahr variiert. 92 Prozent dieser Patienten, die nicht im Rahmen von klinischen Studien behandelt werden, sind zwei Jahre nach der Diagnosestellung noch am Leben. Diese Zahl ist nur wenig niedriger als das 2-Jahresüberleben von Patienten in klinischen Studien, deren Prognosen durch definierte Ein- und Ausschlusskriterien meist günstiger sind als in der Gesamtpopulation aller Patienten. In klinischen Studien wird ein 10-Jahresüberleben von etwa 84 Prozent beobachtet.i;ii
Die vergleichsweise hohen Überlebensraten heute sind auf die Einführung von Tyrosinkinase-Inhibitoren in der Behandlung der CML zurückzuführen. Sie stellen einen entscheidenden Fortschritt für die Prognose der CML dar und kommen der Perspektive einer Heilung nahe.
Empfohlene Therapieform Tyrosinkinase-Inhibitoren
Wie stellt sich die Behandlung der CML-Patienten nach den Ergebnissen des EUTOS Registers dar? Mit 80 Prozent ist die Verwendung von Imatinib, ein Arzneistoff aus der Wirkstoffgruppe der Tyrosinkinase-Inhibitoren, als Ersttherapie die am häufigsten eingesetzte Therapie. Gefolgt von den zwei Tyrosinkinase-Inhibitoren der so genannten zweiten Generation: Nilotinib (14 %) und Dasatinib (3 %). Etwa drei Prozent, meist ältere Patienten, werden immer noch mit Hydroxyurea, einem zytostatisch wirkenden Arzneistoff, behandelt.
„Hier zeigt die Studie dringenden Handlungsbedarf auf. Tyrosinkinase-Inhibitoren sind der Standard der heutigen medikamentösen Behandlung der chronischen myeloischen Leukämie, von dem ältere und jüngere Patienten gleichermaßen profitieren sollten“, so Professor Dr. Rüdiger Hehlmann, Vorsitzender des ELN. „Diese Wirkstoffe verlängern das Leben der CML-Patienten und sind außerdem gut verträglich.“
„Aus gutem Grund hat die Business Unit Oncology von Novartis in das EUTOS-Projekt investiert. Das Register ist die erfolgreiche Kooperation eines akademischen Netzwerks - des European LeukemiaNet (ELN) - und eines Pharmaunternehmens mit dem gemeinsamen Ziel, die Diagnose und die Behandlungsergebnisse für europäische Patienten zu verbessern. Die über EUTOS erfassten Daten einer immensen Zahl von CML-Patienten aus dem europäischen Raum liefern uns schon heute unschätzbare Informationen“, so Dr. Susanne Schaffert, Head Region Europe Novartis Oncology. „Und der Schatz, ist noch lange nicht gehoben. Noch ausstehende Analysen der vorhandenen Daten werden weitere wichtige Erkenntnisse bringen, davon bin ich überzeugt.“ Imatinib und Nilotinib sind Wirkstoffe von Medikamenten, die von Novartis entwickelt wurden und vertrieben werden.
EUTOS-Daten von erheblicher Relevanz für die europäische Gesundheitspolitik
Bei der zunehmenden Überlebensdauer und der damit steigenden Anzahl der CML-Patienten insgesamt, stellen die Kosten die Gesundheitspolitik vor Herausforderungen. Auf Basis der Daten des EUTOS-Projekts können jetzt auf europäischer Ebene Kosten und Betreuungsbedarf für CML-Patienten besser eingeschätzt werden.
Molekulares Monitoring trägt auch zur Kostensenkung bei
Das Molekulare Monitoring, mit dem sich ein weiteres EUTOS-Projekt befasst, kann indirekt dazu beitragen, die Kosten zu senken. Das Verfahren, das vor allem dazu dient, Patienten zu erkennen, die einer intensiveren Therapie bedürfen, kann auch dazu genutzt werden Patienten zu identifizieren, bei denen die Medikamente im Rahmen von kontrollierten Studien abgesetzt werden können. Es konnte nämlich gezeigt werden, dass ein tiefes und rasches Ansprechen auf die Therapie mit Tyrosinkinase-Inhibitoren auf der molekularen Ebene eine Vorhersage über das progressionsfreie Langzeitüberleben erlaubt.
Neben der Vielzahl wichtiger Erkenntnisse aus dem EUTOS Projekt ist ein weiterer wichtiger Erfolg die Verbesserung der Sensitivität und der Standardisierung des molekularen Monitorings der CML: Europaweit können heute 60 Labore standardisierte molekulare Tests (MR4.5) durchführen. Darüber hinaus sind weitere 200 nationale Labore im Europäischen ELN Netzwerk, die entsprechend der internationalen qualitätsorientierten Skalen standardisiert werden und damit die Behandlung der CML europaweit verbessern können.
Ausblick
Novartis hat bislang mehr als 20 Mio. Euro in das EUTOS-Projekt investiert. Das Unternehmen beabsichtigt, zwei der insgesamt vier Projekte der European Treatment and Outcome Study weiter zu finanzieren, nämlich die Projekte Molekulares Monitoring und Path to Cure – Weg zur Heilung, die die Optimierung der CML-Therapie mit dem Fokus auf Heilung bzw. Therapiefreiheit zum Ziel haben. „Zusammen mit dem CML Netzwerk und Novartis werden wir die Vision der Heilung der CML weiter vorantreiben, um so vielen Patienten wie möglich die Chance zu geben, davon zu profitieren“, so Susanne Schaffert. Der Vergleich der vorliegenden Daten von Diagnose und Verlauf der CML in den verschiedenen europäischen Ländern befindet sich zurzeit in der Qualitätskontrolle. Weitere Auswertungen zum Therapieansprechen, zur Lebensqualität und zu den Todesursachen versprechen zusätzliche wichtige Erkenntnisse.
Und auch die Langzeitbeobachtung der im EUTOS-Register erfassten Patienten erscheint wertvoll. Um diese Arbeit weiterführen zu können, bereitet das Europäische LeukemiaNet einen Antrag im Rahmen des EU-Rahmenprogramms der Europäischen Union Horizon 2020 vor. Von der Langzeitbeobachtung verspricht man sich beispielsweise Informationen zu Resistenzen, Rezidiven und den Ergebnissen der Zweitlinien-Behandlung im europäischen Vergleich.
Hintergrundinformationen
European Treatment and Outcome Study (EUTOS)
Die EUTOS for CML-Studie wurde 2007 von der Universität Heidelberg als Vertreterin des ELN und von Novartis Oncology Europe vereinbart. Neben dem CML-Register umfasst EUTOS drei weitere Projekte: das Projekt Molecular Monitoring zur europaweiten Standardisierung und Harmonisierung der CML-Diagnostik, das Projekt Path to Cure zur Optimierung der Therapie sowie das Projekt Spread of Excellence zur Information der Öffentlichkeit und Weiterbildung der mit der CML befassten Forscher und Ärzte.
European LeukemiaNet (ELN)
Das European LeukemiaNet ist ein internationales von der EU gefördertes Network of Excellence, in dem über 1.000 Leukämieforscher und Ärzte in 218 Zentren und 43 Ländern zusammenarbeiten.
Ziel des ELN ist die Heilung der Leukämien durch Forschung. Die Netzwerkkoordination ist an der Medizinischen Fakultät Mannheim der Universität Heidelberg angesiedelt (Prof. Dr. Rüdiger Hehlmann).
Novartis
Novartis ist ein international führendes pharmazeutisches Unternehmen. Ein Fokus liegt auf der Onkologie & Hämatologie, mit den CML-Medikamenten Imatinib und Nilotinib.
Im Jahr 2014 wies der Konzern Kosten für Forschung und Entwicklung in Höhe von rund USD 9,9 Milliarden aus. Die Novartis Konzerngesellschaften beschäftigen rund 120.000 Mitarbeitende und verkaufen Produkte in über 180 Ländern.
Chronische myeloische Leukämie (CML)
Die CML war bis vor 30 Jahren eine unweigerlich tödlich verlaufende Krankheit. Den Durchbruch brachte 2001 der BCR-ABL Tyrosinkinase-Inhibitor Imatinib. Heute beträgt die 10-Jahresüberlebensrate bei CML etwa 84 Prozent, nur noch 5 bis 7 Prozent der Patienten erliegen der therapeutisch weiterhin kaum beeinflussbaren so genannten Blastenkrise.
i) Hehlmann R. Editorial: CML – where do we stand in 2015? Ann. Hematol. (2015) 94 (Suppl 2): S103-S105.
ii) In-study portion of EUTOS-registry, recruited 2002-2006 from randomized trials.