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Dr. Sonja Lorenz
Eine neue Emmy-Noether-Forschergruppe ist Protein-Ketten auf der Spur

Zellen antworten auf eine Vielzahl unterschiedlicher Reize. Sie tun dies, indem sie die Menge, die Aktivität und die Verteilung von Proteinen innerhalb der Zelle regulieren. Dem kleinen Protein Ubiquitin, welches anderen Proteinen in der Zelle angehängt werden kann, kommt dabei eine besondere Rolle zu. Es ist beim Abbau überschüssiger Proteine beteiligt, beim Transport von Proteinen an die "richtigen" Stellen in der Zelle und es kann eine Vielzahl unterschiedlicher Signale vermitteln, die beispielsweise den Fortbestand der Zelle sichern, die Zellteilung steuern oder den Zelltod herbeiführen.
Ubiquitinierung: Sehr vielseitige Proteinmodifikation
"Die Ubiquitinierung ist eine sehr vielseitige Proteinmodifikation, deren molekulare Mechanismen in weiten Teilen noch unbekannt sind", sagt Sonja Lorenz. Welche Funktion Ubiquitin gerade erfüllt, hängt von der Art und Weise ab, mit der es an Zielproteine angehängt wird. Zielproteine können nicht nur mit einzelnen Ubiquitin-Molekülen verknüpft werden, sondern auch mit Ubiquitin-Ketten, welche wiederum von unterschiedlicher Gestalt sein können.
"Für die Zelle ist es äußerst wichtig, dass die richtigen Zielproteine zur richtigen Zeit und am richtigen Ort mit der richtigen Ubiquitinmodifkationen versehen werden", sagt die Forscherin und ergänzt: "Es ist verblüffend, wie höchste Spezifität in einem System entstehen kann, dass zugleich so vielseitig ist. Wir müssen verstehen, worauf sich diese Spezifität gründet."
Molekulare und strukturelle Mechanismen erforschen
Um hier Licht ins Dunkel zu bringen, nutzt Lorenz eine Kombination von strukturbiologischen, biophysikalischen und biochemischen Methoden. Zur Strukturaufklärung kommen sowohl Röntgen-Kristallographie, welche am Rudolf-Virchow-Zentrum Tradition hat, als auch Kernmagnetresonanz-Spektroskopie (NMR) zum Einsatz. Mit der NMR an Proteinen bringt Sonja Lorenz neue Expertise nach Würzburg.
Auch wenn die Wissenschaftlerin Grundlagenforschung betreibt: Das langfristige Ziel ist, die Wirkstoffentwicklung voranzutreiben. "Sämtliche Krebsarten beruhen darauf, dass sich Zellen unkontrolliert teilen. Ubiquitinierung spielt dabei eine große Rolle", erklärt Lorenz. Erste revolutionäre Erfolge wurden in dem Bereich auch schon erzielt, beispielsweise in der Behandlung des multiplen Myeloms. Diese im Knochenmark auftretende Krebsart galt lange Zeit als nicht behandelbar. "Das therapeutische Potenzial des Ubiquitin-Systems ist bei Weitem noch nicht ausgeschöpft, ganz im Gegenteil", sagt Lorenz.
Standort Würzburg bewusst gewählt
Den Standort Würzburg hat Lorenz bewusst gewählt: "Aufgrund meines interdisziplinären Forschungsansatzes bin ich sehr anspruchsvoll, was die technische Infrastruktur betrifft und das Virchow-Zentrum ist schlichtweg exzellent ausgestattet." Zudem fühlt sich Lorenz in die Würzburger Forscherlandschaft hervorragend eingebettet. Es gibt weitreichende gemeinsame Interessen mit anderen Arbeitsgruppen, sowohl am Rudolf-Virchow-Zentrum als auch am Uniklinikum und am Theodor-Boveri-Institut für Biowissenschaften auf dem Hubland-Campus. All diese Labore untersuchen die biologischen Funktionen von Ubiquitin, jedoch aus verschiedenen Blickwinkeln und mit unterschiedlichen Methoden, was vielfältige Möglichkeiten zur Zusammenarbeit bietet und Synergien möglich macht.
Den Start in Würzburg erleichtert die Tatsache, dass Lorenz bereits in ihrer vorangegangenen Station bei Professor John Kuriyan neue Ideen entwickeln und eigene Projekte etablieren konnte. Trotz der zeitintensiven Leitungsaufgaben im Rahmen der Emmy-Noether-Nachwuchsgruppe möchte Sonja Lorenz auch in Zukunft viel Zeit im Labor verbringen. "Ich denke, es ist gerade am Anfang sehr wichtig für meine Gruppe, dass ich 'hands-on' dabei bin. Außerdem macht es mir auch einfach sehr viel Spaß."
Internationale Forscherkarriere
Die gebürtige Pfälzerin Sonja Lorenz hat 2003 in Regensburg ihr Diplom in Biochemie abgelegt. Bereits während des Studiums konnte sie ein Jahr an der University of California in Berkeley, USA, verbringen. Hier erforschte sie die Wege der Proteinfaltung und begeisterte sich erstmals für Strukturbiologie. Es folgte ein kurzes Volontariat beim Wissenschaftsmagazin " Science" der American Association for the Advancement of Science, der weltweit größten Non-Profit-Organisation, die sich dem Fortschritt der Wissenschaft widmet.
Der nächste Schritt war die Promotion an der University of Oxford in Großbritannien von 2004 bis 2008. Im Jahr 2008 kehrte sie zurück nach Berkeley, wo sie die Grundlagen für ihre heutige Arbeit legte.
Mit dem Emmy-Noether-Programm möchte die DFG herausragenden Nachwuchswissenschaftlern einen Weg zu früher wissenschaftlicher Selbstständigkeit eröffnen.