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Universitätsklinikum Schleswig-Holstein
Innovatives Therapieverfahren bei Prostatakrebs am Campus Kiel
Ra-223 ist ein sogenannter Alpha-Strahler mit einer physikalischen Halbwertszeit von 11,4 Tagen, der eine Strahlung in einem sehr kleinen Bereich unter 0,1 mm aussendet und dabei durch einen hohen Energietransfer (bis 7,5 MeV) eine große Strahlenwirkung entfaltet. Auf diese Weise werden Tumorzellen zerstört und die Knochenschmerzen gelindert. Radium verhält sich im Körper wie Kalzium und wird bevorzugt in den Knochenmetastasen eingelagert. Das umgebende Gewebe wird aufgrund der geringen Reichweite der Strahlung kaum beeinträchtigt. Ein Teil des Medikaments wird über den Darm ausgeschieden. In einer großen internationalen Studie (Parker et al.: Alpha Emitter Radium-223 and Survival in Metastatic Prostate Cancer, The New England Journal of Medicine 2013; 369: 213-223) wurde gezeigt, dass auch das Überleben der Patienten verlängert wird. Eine Heilung ist durch diese Therapie allerdings nicht möglich. Für Patienten, bei denen der Tumor bereits Organe befallen hat oder die große Lymphknotenmetastasen aufweisen, ist die Therapie nicht geeignet.
Zeitgleich mit der Zulassung des Medikaments in Deutschland erhielt die Klinik für Nuklearmedizin am Campus Kiel von der zuständigen Strahlenschutzbehörde die Erlaubnis zur Durchführung der Therapie. „Bereits in der Vergangenheit wurden Erfahrungen im Rahmen von Studien mit diesem Medikament gesammelt“, erklärt Dr. Ulf Lützen, komm. Direktor der Klinik. „Seit Anfang dieses Jahres führen wir diese Therapie regelmäßig durch und gehören aufgrund der großen Anzahl der bisher behandelten Patienten zu den führenden Kliniken in Deutschland in diesem Bereich. Unser Ziel ist es dabei immer, die Knochenschmerzen der Patienten zu lindern und möglichst das Überleben der Betroffenen zu verlängern.“
Damit die Therapie durchgeführt werden kann, müssen einige Voraussetzungen erfüllt sein. So muss bei Patienten der Nachweis mehrerer sogenannter osteoblastischer Knochenmetastasen in einer Ganzkörper-Skelettszintigraphie vorliegen, ggf. ist auch eine Knochenmarkszintigraphie zur Bestimmung der Knochenmarkreserve erforderlich. Zudem wird eine ausreichende Anzahl von Leukozyten (weißen Blutkörperchen) und Thrombozyten (Blutplättchen) sowie eine ausreichende Menge des roten Blutfarbstoffs (Hämoglobin) benötigt, da das Blutbild durch die Therapie verändert werden kann. Es dürfen bei Patienten keine viszeralen Metastasen (Organmetastasen) sowie größere Lymphknotenmetastasen vorliegen.
Für die Therapie werden insgesamt sechs Behandlungen (Zyklen) in vierwöchigen Abständen durchgeführt. Die Behandlung wird in der Regel ambulant durchgeführt und meist relativ gut vertragen. In den ersten Tagen nach der Behandlung können Übelkeit, Durchfälle und eine Schmerzverstärkung auftreten. Wie häufig bei neuen Therapien, die noch nicht im Leistungskatalog der Krankenkassen abgebildet sind, muss vor Therapiebeginn zunächst eine Kostenübernahmeerklärung der Krankenkasse eingeholt werden.
Die Klinik für Nuklearmedizin ist Teil des Onkologischen Zentrums am Karl-Lennert Krebscentrum Nord des UKSH am Campus Kiel. Anfang 2014 wurde die Einrichtung durch die Deutsche Krebsgesellschaft (DKG) als Onkologisches Zentrum ausgezeichnet und ist damit die erste Behandlungseinrichtung in Schleswig-Holstein, die die hohen fachlichen Anforderungen der DKG für ein zertifiziertes Onkologisches Zentrum erfüllt.