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Universitätsklinikum Regensburg
Meine neue Nase war mir nie fremd
In der Klinik und Poliklinik für Hals-Nasen-Ohren-Heilkunde des Universitätsklinikums Regensburg (UKR) wurde eine neue Methode zur Rekonstruktion der Nase bei einem totalen oder subtotalen Defekt entwickelt. Neben Funktion und Ästhetik der Nase verbessert sich damit vor allem die Lebensqualität der Patienten.
Krebs verändert das Leben, manchmal auch das Aussehen. Dass Gerhard Meier (Name geändert) heute wieder gerne unter Menschen geht, ist keine Selbstverständlichkeit. Nachdem ein bösartiger Tumor in seiner Nase diagnostiziert wurde, musste diese abgenommen werden, um das befallene Gewebe vollständig zu entfernen. Dank eines neuen Verfahrens zur Nasenrekonstruktion, das von einer Arbeitsgruppe rund um Professor Dr. Holger Gassner, plastischer Gesichtschirurg und stellvertretender Leitender Oberarzt der Klinik und Poliklinik für Hals-Nasen-Ohren-Heilkunde des UKR, entwickelt wurde, kann Gerhard Meier heute wieder ein normales Leben mit einer neuen, voll funktionstüchtigen Nase führen.
Neben Erkrankungen wie Krebs machen vor allem Verletzungen durch Autounfälle oder Tierangriffe eine totale oder Teil-Amputation der Nase nötig. Man unterscheidet dabei zwischen Defekten, die sich nur auf die äußere Haut erstrecken, und komplexeren Defekten, für die strukturbildende Teile der Nase sowie die innere Schleimhautauskleidung ersetzt werden müssen. Durch das neu entwickelte Verfahren, der sogenannten Prälaminierung, hat es die Arbeitsgruppe um Professor Gassner geschafft, einen wichtigen limitierenden Faktor konventioneller Rekonstruktionsmethoden zu überwinden: die ausreichende und funktionserhaltende Wiederherstellung der Innenauskleidung der Nase. „Durch die Prälaminierung gelingt es, den Operationsaufwand und damit einhergehende mögliche Komplikationen zu reduzieren, die Nasenschleimhaut ohne zusätzliche Funktionsbeeinträchtigung wiederherzustellen und eine höhere Variabilität beim Modellieren der Nase zu schaffen“, fasst Professor Gassner zusammen.
Mittlerweile wurden am UKR seit Entwicklung des Verfahrens im Jahr 2012 bereits vierzehn Patienten mit totalen oder teilweisen Nasendefekten erfolgreich behandelt. Zudem wurde die Methodik bereits von verschiedenen Zentren wie dem renommierten John´s Hopkins Medical Center oder dem Baylor College of Medicine in den USA übernommen.
Der schichtweise Aufbau einer neuen Nase
Bei der Prälaminierung wird die Innenauskleidung der Nase durch ein Hauttransplantat aus der Leiste wiederhergestellt. Im ersten Operationsschritt wird dafür ein Hautareal von der Stirn, ein sogenannter Stirnlappen, partiell umschnitten und angehoben. Das Hauttransplantat wird auf die Unterfläche des Stirnlappens aufgenäht, der Stirnlappen wird wieder auf die Stirn zurückgeklappt. Während der Heilungsphase zieht sich das Transplantat auf seine endgültige Größe zusammen. Dadurch wird das Risiko von späteren, narbigen Verzerrungen der wiederhergestellten Nase reduziert.
Nach etwa drei Wochen wird der Stirnlappen mit beiden Hautschichten erneut angehoben und auf die defekte Nase geklappt. Durch eine weiterhin bestehende Hautbrücke zur Stirn behält die Lappenplastik ihre eigene Durchblutung.
Im nächsten Operationsschritt beginnt die Gestaltung der neuen Nase. Die dünne Haut der Lappenplastik wird abgehoben, der restliche Teil des Hautlappens verbleibt über dem Nasendefekt und wird zur künftigen Innenauskleidung geformt. Mit vorab entnommenen Stücken von Rippen- oder Ohrknorpel wird das nasale Skelett, bestehend aus Nasenscheidewand, den äußeren Nasenwänden und dem Nasenrücken, rekonstruiert. Die separierte äußere Hautschicht wird wieder darüber gelegt und in Form gebracht.
Im letzten Schritt kann die Hautbrücke zur Stirn durchtrennt werden, da die Lappenplastik inzwischen ihre eigene Durchblutung entwickelt hat.
„Mit der neuen Methode wird die Nasenschleimhaut in exzellenter Weise ersetzt“, erläutert Professor Gassner. „So zeigte sich bei Herrn Meier schon drei Monate nach dem letzten Operationsschritt eine beidseitig funktionsfähige Nase mit gleichmäßiger Nasenatmung.“ Funktionsbeeinträchtigungen wie eine trockene, verkrustete Nase oder Nasenatmungsbehinderungen erscheinen im Vergleich zu konventionellen Methoden, bei denen die verbliebene Schleimhaut der Nase zur Rekonstruktion herangezogen wird, reduziert.
„Der erste Blick in den Spiegel mit neuer Nase war unspektakulär. Meine neue Nase war mir nie fremd, es war so, als wäre sie immer schon da gewesen“, freut sich Meier.
Weitere Informationen:
http://www.ukr.de