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Studienergebnisse
Qualitätsmanagement in zertifizierten Krebszentren zahlt sich aus
Mit Daten von mehr als zwei Millionen gesetzlich Krankenversicherten in Sachsen wurde die medizinische Versorgung von 6.186 Patienten mit neu aufgetretenem Kolonkarzinom (Dickdarmkrebs) untersucht. „Dabei haben sich signifikante positive Effekte zugunsten der zertifizierten Zenten bezüglich der Überlebensrate sowie der operativen Nachbehandlung gezeigt“, sagt Prof. Jochen Schmitt, Direktor am Zentrum für Evidenzbasierte Gesundheitsversorgung (ZEGV).
Demnach gehen zertifizierte Zentren aufgrund der klaren Zuständigkeiten und definierten Behandlungsabläufe mit einer höheren Behandlungsqualität und Patientensicherheit in der Versorgung des Kolonkarzinoms sowie einer besseren Prognose einher. Für die Studie haben Mediziner und Wissenschaftler des ZEGV, dem Nationalen Centrum für Tumorerkrankungen (NCT) Dresden und der Klinik für Viszeral-, Thorax- und Gefäßchirurgie (VTG) zusammengearbeitet. Die Erkenntnisse veröffentlichten die Wissenschaftler im Fachjournal European Journal of Surgical Oncology. Zur Überprüfung der Übertragbarkeit dieser Erkenntnisse auf andere Tumorarten wurde unter Federführung des ZEGV das Projekt „Wirksamkeit der Versorgung in onkologischen Zentren“ (WiZen) gestartet. Es wird vom Innovationsfonds des Gemeinsamen-Bundesausschusses (G-BA) gefördert.
Der Nationale Krebsplan fordert einheitliche Konzepte für die Zertifizierung onkologischer Behandlungseinrichtungen mit dem Ziel, onkologische Versorgungsstrukturen und Qualitätsmanagement weiterzuentwickeln sowie Patientensicherheit und die Behandlungsqualität krebskranker Menschen zu verbessern. Die Entwicklung dieser Programme erfolgt unter anderem durch die Deutsche Krebsgesellschaft (DKG) sowie die Deutsche Gesellschaft für Allgemein- und Viszeralchirurgie (DGAV).
Wirksamkeit der Zertifizierung für Darmkrebs nachgewiesen
Das Forscherteam um ZEGV-Direktor Prof. Schmitt, hat in Zusammenarbeit mit der VTG-Klinik des Dresdner Uniklinikums sowie AOK PLUS deine umfassende Studie zum Vergleich der Wirksamkeit der Versorgung von Patienten mit Kolonkarzinom in zertifizierten und nicht-zertifizierten Zentren durchgeführt. Grundlage der Auswertung bildeten Daten der gesetzlichen Krankenversicherung aus der ambulanten und stationären Versorgung der Jahre 2005 bis 2015 von mehr als zwei Millionen Versicherten aus dem Bundesland Sachsen. Unter der Anwendung verschiedener Schätzverfahren wurden Patienten mit chirurgischer Behandlung in einem zertifizierten Zentrum mit Patienten in einer nicht-zertifizierten Klinik verglichen. Die Analyse fokussierte auf das Gesamtüberleben, das erkrankungsspezifische Überleben, die 30-Tage Mortalität sowie ein mögliches Wiederauftreten des Krebses, Komplikationen und die operative Nachbehandlung.
Insgesamt wurden 6.186 Patienten mit neu aufgetretenem Kolonkarzinom und chirurgischer Behandlung betrachtet. Davon wurden 2.120 Patienten in einem zertifizierten Zentrum behandelt. Die Modelle zeigten positive Effekte zugunsten der zertifizierten Zenten bezüglich des Überlebens, der 30-Tage Mortalität und der operativen Nachbehandlung. Die 30-Tage Mortalität bei Patienten, die in nicht-zertifizierten Kliniken operiert wurden, fiel fast doppelt so hoch aus, wie bei den Patienten, die sich in zertifizierten Zentren einer Therapie unterzogen. „Die Ergebnisse deuten darauf hin, dass die Zertifizierung mit einer höheren Behandlungsqualität und Patientensicherheit in der Versorgung des Kolonkarzinoms sowie einer besseren Prognose einhergeht“, sagt Prof. Jürgen Weitz, Direktor der Klinik für Viszeral-, Thorax- und Gefäßchirurgie des Dresdner Uniklinikums. Die in Dresdner Studie hat somit erstmals den Nachweis erbracht, dass Darmkrebspatienten in zertifizierten Zentren wirksamer versorgt werden können als in nicht zertifizierten Kliniken.
Forschungsprojekt zur Wirksamkeit der Versorgung in onkologischen Zentren
Bisher gibt es nur wenige Untersuchungen der Effekte von Behandlungen in zertifizierten Zentren auf die Wirksamkeit der Versorgung im Vergleich zu nicht-zertifizierten Kliniken (eine der wenigen Untersuchungen ist die Untersuchung von Kreienberg et al. (2018) zum Brustkrebs). Da aber eine Zertifizierung aufwändig und teuer ist, die Zahl der Zertifizierungen jedoch stetig steigt, ist deren Evaluation von großer Bedeutung.
Deshalb soll nun überprüft werden, ob die positiven Effekte der Zertifizierung auch bundesweit und für andere Arten von Krebs gelten. Das Projekt „Wirksamkeit der Versorgung in onkologischen Zentren“ (WiZen) wird vom Innovationsfonds des Gemeinsamen-Bundesausschusses (G-BA) mit einer Gesamtsumme von rund 1,6 Millionen Euro gefördert, davon gehen eine Million Euro an die Dresdner Hochschulmedizin. Unter der Federführung des ZEGV arbeiten die Arbeitsgemeinschaft Deutscher Tumorzentren e.V. (ADT), das Wissenschaftliche Institut der AOK (WIdO), das Institut für Qualitätssicherung und Versorgungsforschung der Universität Regensburg (TZR) und das Nationale Centrum für Tumorerkrankungen (NCT) Dresden zusammen. Untersucht werden Brust-, Lungen-, Prostata-, Bauchspeicheldrüsen- und Darmkrebs sowie gynäkologische, Kopf-Hals-, und neuroonkologische Tumoren.
„Die Studie schließt entscheidende Evidenzlücken zur Versorgung von Tumorpatienten und der Relevanz zertifizierter Zentren im Zusammenhang mit einem implementierten Qualitätsmanagementsystem“, sagt Prof. Michael Albrecht, Medizinischer Vorstand des Universitätsklinikums Dresden: „Mit dem Erkenntnisgewinn ist es möglich, die onkologische Versorgung in Deutschland zu verbessern und weiterzuentwickeln.“
„Die Erbringung von Mindestmengen sowie das damit verbundene Erfahrungswissen fördern nachweislich die Qualität medizinischer Leistungen. Ein Zertifikat nach den Vorgaben der Deutschen Krebsgesellschaft, das diesen Nachweis publik macht, erleichtert Patienten garantiert die Orientierung bei der Suche nach dem richtigen Krankenhaus, wenn eine planbare Operation nötig wird,“ sagt Rainer Striebel, Vorstandsvorsitzender der AOK PLUS. „Allerdings gibt es beim Thema Mindestmengen ein ganz erhebliches Verbesserungspotential.“ So erbrachten laut Qualitätsmonitor 2017 ein Viertel der deutschen Kliniken, die mamachirurgische Eingriffe bei Verdacht auf Brustkrebs vornahmen, weniger als acht Eingriffe pro Jahr. „Diese Situation ist weder zufriedenstellend noch im Sinne des Patientenwohls. Aus diesem Grund werden wir uns weiterhin für Mindestmengen für hochkomplexe Leistungen stark machen“, so Striebel.
Quellen
Kreienberg R, Wöckel A, Wischnewsky M.: “Highly significant improvement in guideline adherence, relapse-free and overall survival in breast cancer patients when treated at certified breast cancer centres: An evaluation of 8323 patients.” IN: Breast. 2018 Apr 23;40:54-59. [DOI: 10.1016/j.breast.2018.04.002]
Dormann, F., Klauber, J.: Qualitätsmonitor 2017, Medizinisch Wissenschaftliche Verlagsgesellschaft, 192-194
Wissenschaftliche Ansprechpartner:
Medizinische Fakultät Carl Gustav Carus der TU Dresden/
Universitätsklinikum Carl Gustav Carus
Zentrum für Evidenzbasierte Gesundheitsversorgung (ZEGV)
Direktor: Prof. Dr. med. Jochen Schmitt
Tel.: 0351 / 458 64 95
E-Mail: Jochen.Schmitt@uniklinikum-dresden.de
Universitätsklinikum Carl Gustav Carus
Klinik und Poliklinik für Viszeral-, Thorax- und Gefäßchirurgie (VTG)
Direktor: Prof. Dr. med. Jürgen Weitz
Tel.: 0351 / 458 27 42
E-Mail: Juergen.Weitz@uniklinikum-dresden.de